Stop the Piano!
INTERVIEW / ARDITA STATOVCI
01/06/16 Ardita Statovci fasziniert mit ihrer Begeisterung. Erfreut mit ihren klaren Worten über „intelligente Strukturen zwischen Traum und Wirklichkeit“ oder über die Herausforderung, legato und staccato gleichzeitig zu spielen. Ardita Statovci ist – neben Ariana Haering und Hsin-Huei Huang – eine der drei Pianistinnen, die für die Aspekte zeitgenössische Klaviermusik im Club „Au Poisson Rouge“ präsentieren.
Aspekte: Der zweite Abend der Reihe „Au Poisson Rouge“ steht unter dem Titel des gleichnamigen Stücks von Tristan Murail „Cloches d’adieu, et un sourire“ – „Abschiedsglocken und ein Lächeln“. Was bedeutet es für Dich diesen Abend programmieren zu können? Als Partnerin eingeladen hast Du die Geigerin Chiara Sannicandro.
Ardita Statovci: In unseren Gesprächen mit Ludwig Nussbichler für die Aspekte 2016 hatten wir beide mehrere Werke im Kopf und haben versucht verschiedene Gesichtspunkte einzubeziehen: Frankreich, Österreich, Uraufführungswerk, Composer in Residence Tristan Murail... Das Endergebnis ist eine Mischung aus Solo-Klavierwerken und Kammermusik, darunter eine Uraufführung. Jedes Werk ist eine Besonderheit an sich und im Gesamten ist es eine Zusammenarbeit zwischen Komponisten und Interpreten – und vor allem mit Menschen, die mir persönlich sehr viel bedeuten: Als 16 Jährige habe ich Harmonielehre-Vorlesungen beim Alexander Müllenbach am Mozarteum besucht. Damals war ich noch ein Kind und durfte von einem wunderbaren Komponisten und Professor wie ihm lernen. Ich habe immer brav meine Harmonielehre-Hausaufgabe gemacht, so gut wie ich konnte. Er hat uns sehr motiviert und die Studenten hatten großen Respekt vor ihm. Ich habe mir gewünscht, dass Alexander Müllenbach, für das Klavierduo ARIADITA – das sind Ariane Haering und ich - eigens für die Aspekte 2016 komponiert und das Festival hat das Werk tatsächlich in Auftrag gegeben.
Aspekte: Wie bist Du zu Deiner Werkauswahl gekommen. Warum hast du genau diese Stücke für das Konzert ausgewählt?
Ardita Statovci: Die Sonate für Klavier solo von Dutilleux ist ein Werk, das ich länger im Repertoire habe und absolut liebe. Tristan Murail ist der Composer in Residence und sein Stück „Cloches d’adieu, et un sourire“ für Klavier Solo besteht aus einer breiten Palette von solch feinsten Farbnuancen, die jedes Mal noch lange in meinen Ohren nachklingen.
Die „Traumbildfragmente“ für Klavier und Geige von Ludwig Nussbichler sind ein Werk, das ich den ganzen Tag lang spielen könnte! Diese reizenden wechselnden Rhythmen 5/8, 7/16, die Besonderheit der dynamischen Entwicklung – das muss man live hören! Die klare Strukturierung… All das ist ein richtiges Fest. Herrlich! Ich habe mich allerdings durchsetzen müssen, dieses Werk bei den Jubiläums-Aspekten spielen zu dürfen. Herr Komponist Nussbichler wollte es mir nicht erlauben. Es ist aber ein tolles Werk, es passt gut zu mir und ich werde es mit Vergnügen in weiteren Konzerten aufführen. Jetzt freue ich mich darauf, es mit der sehr jungen, aber tollen Geigerin Chiara Sannicandro zu spielen.
Gerd Kührs „Stop the piano“ für Klavier und Zuspielung ist jedes Mal eine schöne Überraschung fürs Publikum und es verlangt von dem Interpreten hohe Konzentrationsfähigkeit, um dem reizenden Charakter gerecht zu werden und ihn zum Vorschein zu bringen. Und Alexander Müllenbachs Werk für Klavier zu vier Händen eigens für die Aspekte 2016 komponiert, wird die große Uraufführung an diesem Abend sein.
Aspekte: Die „Sonate pour piano“ von Henri Dutilleux ist ja dein Bravour-Stück. Was bedeutet für Dich das Stück?
Ardita Statovci: Die „Sonate pour piano“ von Dutilleux ist eines der wichtigsten und anspruchsvollsten Werke der Klavierliteratur des 20. Jahrhunderts. Obwohl ich es schon öfter gespielt habe, ist jedes Mal ein Herzklopfen da. Als Interpret konzentriert man sich darin nicht nur auf den ausgesprochen virtuosen Charakter der Sonate, auf die feinen unterschiedlichsten Anschlagarten. Man konzentriert sich auch auf die vielen Geschehnisse und Aspekte der Grundemotionen, die einen jedes Mal aufs Neue mitnehmen. Als Pianistin, muss ich versuchen mich beim Spielen zu kontrollieren und es öfters aus „der Distanz“ zu betrachten, sonst taucht man vollkommen in den „Magie des Klangs“ dieser Sonate ein.
In so einem Fall hat das Publikum natürlich den Vorteil, die „Magie“ dieser Musik in allen Farben erleben und einfach genießen zu können. Sie wurde ja 1947/48 direkt nach dem zweiten Weltkrieg komponiert und das hört man auch. Aber die klare Botschaft dahinter ist eine ungeheure positive und triumphale Energie und Kraft! Das bestätigt jedes Mal die Reaktionen des Publikums in allen Ländern - und das sogar in China, wo man eher „klassische Komponisten“ mag.
Aspekte: Apropos: Magie des Klangs. Die Aspekte 2016 stehen unter dem Motto „Magie des Klangs“ und als Composer in residence wurde Tristan Murail – der Klangmagier – eingeladen. Wenn Du in einem Satz die Musik von Tristan Murail beschreiben müsstest, wie würde dieser lauten?
Ardita Statovci: Eine breite Palette feinster Farbnuancen, die jedesmal noch lange in meinen Ohren nachklingen. (Aspekte)