Duo und Alleingang
STIFTUNG MOZARTEUM / MARIA JOÃO PIRES & JULIEN LIBEER
01/06/16 Vergangenen Herbst haben sie abgesagt. Nun haben Maria João Pires und Julien Libeer ihren Doppel-Klavier-Abend nachgeholt – und am Dienstag (31.5.) im Großen Saal des Mozarteums mit Schubert, Beethoven und Ravel einen wahren Triumph eingefahren.
Von Horst Reischenböck
Es ist Musikern nicht zu verdenken, wenn sie eher kurzfristig bekannt geben wollen, welches Programm spie spielen werden. Im vorliegenden Fall, durch die Absage zum Saisonauftakt bedingt, war der Stiftung Mozarteum selber nicht mehr ganz klar, was vom einst angekündigten Programm tatsächlich übrig bleiben würde. Hochkarätiges durfte auf jeden Fall vorausgesetzt werden, und als „Umrahmung“ standen für Maria João Pires und Julien Libeer die beiden letzten Kompositionen für Klavier zu vier Händen aus Franz Schuberts Todesjahr 1828 außer Frage.
Die bei uns längst heimisch geworde portugiesische Pianistin konzertiert immer wieder gern im Duo mit wechselnden Partnern.
Im vollen Einverständnis ließ sie diesmal ihrem 29-jährigen belgischen Kollegen Julien Libeer als Primo-Spieler den Vortritt: wie ursprünglich geplant mit dem Allegro a-Moll op. posth.144 D 947. Julien Libeer ergab sich vom ersten bestimmenden Akkord an dem dräuendem Titel „Lebensstürme“ - um sich im Seitenthema nach-sinnend zurück zu nehmen. Mit diesem Einzelsatz, einem staunenswerten Wunder kompositorischer Genialität, stellt sich ja die Frage, was Schubert wohl dazu bewogen haben mochte, danach dennoch bei Simon Sechter Kontrapunkt studieren zu wollen.
Danach widmete sich João Pires - statt wie vorgesehen Schuberts Letzter Sonate Ludwig van Beethovens Gegenstück, dessen legendärer Sonate c-Moll op. 111. Bewundernswert, wie sie mit vollem Einsatz nach der dreimaligen Eröffnungsformel das Hauptthema dramatisch aus den Tasten meißelte, um sich dann energisch ins Fugato zu stürzen. Die Arietta dann in ihren Variationen genauso perfekt von ihr austariert und zu beglückender Steigerung in himmlische Gefilde entrückt.
Libeers temperamentvoll quicken Fingern bot als Kontrast danach das halbe Dutzend Sätze der Suite „Le Tombeau de Couperin“ von Maurice Ravel ideal virtuoses Futter - mit unterkühlt mechanischen Floskeln, persönlichem Gedenken des Komponisten an gefallene Freunde im 1. Weltkrieg, aber mit einer Fuge als Rarität im barockem Duktus.
Zum offiziellen Abschluss ein weiterer Höhepunkt: Schuberts von sich aus schon klar gegliederte Fantasie f-Moll op.103 D 940, jetzt mit vertauschten Sitzpositionen: Julien Libeers bewegter Klangfläche im Bass setzte Maria João Pires zart im Diskant lyrische Melancholie gegenüber. Beide drehten sich dann in rauschenden Tanz hinein, um abrupt – und keineswegs „befreiend“ zum Einstieg zurückzukehren. Die kontrapunktisch-fugierte Durchführung trieben Pieres und Lieber keineswegs ins absolute Fortissimo, sondern behielten kontrollierte Spannung.
Dem begeisterten Applaus dankte das Duo mit György Kurtágs „Hommage à Schubert“ aus Játékok III.