Sibelius-Festival
KULTURVEREINIGUNG / FINNISH RADIO SYMPHONY 2
15/01/16 Das dreitägige Gastspiel des Rundfunk Orchesters aus Finnland machte es möglich: erstmals ein ausschließlich Jean Sibelius gewidmetes Programm. Seine letzten großen Kompositionen umrahmten Solistin Leila Josefowicz im Violinkonzert. Auch der zweite Abend war begeisternd.
Von Horst Reischenböck
Seit 2011 wird der 8. Dezember, Sibelius' Geburtstag, in seiner Heimat als „Tag der Finnischen Musik“ gefeiert. Dass das aus gutem Grund geschieht, haben Hannu Lintu und das Finnish Radio Symphony Orchestra anlässlich ihres zweiten Auftretens bei der Kulturvereinigung Donnerstag (14. 1.) im Großen Festspielhaus eindrücklich vermittelt.
Mit „Tapiola“ op. 112 beendete Sibelius, darin ähnlich Gioacchino Rossini, über 30 Jahre vor seinem Tod die offizielle Karriere als Komponist und schuf damit eine auf ihre Weise einzigartige Tondichtung. Ohne direkt nachvollziehbare Handlung, allein dazu angetan, die Aura finnischer Wälder zu spiegeln, die Gott Tapio aus der „Kalevala“ beherrscht. Ein eindrucksvolles Fresko, das seine Kraft nicht nur monothematisch aus ständiger Verwandlung eines alleinigen Motivs zu Beginn schöpft, sondern auch h-Moll als einziger Tonart verpflichtet ist, die sich erst gegen Ende nach Dur hin aufhellt. Es ist eines der wenigen Werke, die Sibelius nicht nachträglich umfangreich revidierte – ganz einfach, weil es in den USA aus der Taufe gehoben wurde und die Partitur bereits gedruckt vorlag. Unter Hannu Lintus Leitung wurde „Tapiola“ beeindruckend sinnlich vermittelt.
Das d-Moll-Violinkonzert op. 47 ist längst weltweit zu einer unverrückbaren Größe im Repertoire aller bedeutenden Geiger geworden. Hier nun stellte sich Leila Josefowicz der Konkurrenz und gewann geradezu haushoch. Vom ersten verhaltenen Einstieg zu den wunderbar pianissimo begleitenden Streichern hielt sie nachdenkliche Zwiesprache, etwa mit dem Solobratschisten, und steigerte sich kraftvoll virtuos in die technisch gefinkelt anspruchsvollen Kadenzen im Kopfsatz hinein. Genauso fegte sie nach beglückendem Auskosten der lyrischen Gedanken im Adagio mit geradezu charismatischem Einsatz wie ein Wirbelwind rhythmisch pulsierend durch den dämonischen Totentanz des Finales. Kein Wunder, dass man dem sympatisch unprätentiös wirkenden Gast aus Kanada mit einem Beifallssturm dankte.
Bevor als offizieller Schluss wie am Vorabend die „Finlandia“ bekrönend anhob, widmete sich das Orchester nach der Pause mit der Siebten in C-Dur op. 105 noch Jean Sibelius' symphonischem Opus ultimum. (Eine angekündigt versprochene Sinfonie Nr. 8 hat man vergeblich im Sibelius-Nachlass gesucht.) Anlässlich der Uraufführung noch als „Fantasie“ bezeichnet, ist dieses Werk ein letzter Beleg dafür, wie Sibelius in jeder seiner Sinfonien neue Wege suchte und diese auch fand. Im konkreten Fall schrieb er einen in sich vielfach gegliedert halbstündigen Einsätzer.
Da war viel Gelegenheit für alle Instrumentengruppen, nachdrücklich zu artikulieren. So als sattes Fundament innerhalb der 60 Streicher des FRSO dessen acht Kontrabässe.Prachtvoll in sich ausgewogen wirkte sein vom Ansatz her voll-romantisches Hörner-Quartett. Innerhalb der Holzbläser warm getönt bestechen vor allem Klarinetten und Oboen, sowie als Strahlenkranz dahinter Trompeten und Posaunen. Da sind Spitzenkönner beisammen, die sich von Hannu Lintu mit raumgreifende Gesten zu grandios eindrucksvoller Höchstleistung im Dienst an ihrem Nationalkomponisten anstacheln ließen. Ein überaus erfreuliches Gastspiel, das Nachwirkung zeitigen sollte!