Mozarts Ohr
MOZARTS WOHNHAUS / FRANZ XAVER MOZART
14/01/16 Manchmal findet man in Ausstellungen rechte Lieblingsstücke: Die Gouache „Mozarts Ohr und ein gewöhnliches Ohr“ taugt jedenfalls dazu. Mozarts Ohr hat ein Flinserl. Das wenigstens fällt auch Leuten auf, die sonst an der höchstmeisterlichen Hörmündung keine besonderen anatomischen Auffälligkeiten finden.
Von Reinhard Kriechbaum
Wenn man früher Sohn eines Rauchfangkehrers war, ist man selbstverständlich Rauchfangkehrer geworden. War der Vater Musiker, war eben diese Laufbahn vorgezeichnet. War der Vater Musiker und Genie – dann wurde es freilich problematisch...
Man kann nicht sagen, dass Franz Xaver Mozart hemmungslos Profit geschlagen hätte aus seiner Herkunft. Noch im Entwurf für eine Grabstein-Inschrift pochte er drauf, dass hier der Sohn des berühmten Wolfgang Amadè seine letzte Ruhe gefunden habe. Das tat er nicht aus Angeberei, sondern aus Demut. Franz Xaver Mozart, der seinen Vater nicht kennen gelernt hat – er war gerade vier Monate alt, als dieser starb – mag sich seiner Durchschnittlichkeit als Tonschöpfer bewusst gewesen sein. Als man ihm antrug, für die Enthüllung des Mozart-Denkmals in Salzburg eine Festkantate zu schreiben, lehnte er ab. Ob seiner „geringen Fähigkeiten“ sehe er sich der Aufgabe nicht gewachsen. Er griff dann doch zum Notenpapier, aber er kompilierte die Festkantate aus Werken seines Vaters.
An Franz Xaver Mozart (1791-1844) erinnert man nun in Mozarts Wohnhaus. Würde man das wirklich Wesentliche herzeigen, was wir ihm zu verdanken haben, dann würde der eine Schauraum bei weitem nicht ausreichen, und die Sicherheitsmaßnahmen schon gar nicht: Franz Xaver Mozart hat nämlich dem 1841 gegründeten Dommusikverein und Mozarteum – also der Vorgängerinsdtitution der „Stiftung“ – die Familienkorrespondenz der Mozarts, Manuskripte von sechzig unvollendeten Werken des Vaters und allerlei andere Erbstücke vermacht.
„Ihm haben wir einen Großteil der Schätze zu verdanken, die wir besitzen“, sagt Armin Brinzing, der Chef-Musikwissenschafter der Stiftung Mozarteum. Die Schätze aus Mozarts Feder, Buchstaben und Noten, blieben bis auf ein Blatt wohlweislich im Tresor. Man zeigt in den Vitrinen Franz Xavers Stammbuch, Briefe, Notenblätter und dergleichen, ein paar kleine Veduten von Städten, wo er lebte oder als Pianist auftrat. Eine Tischuhr aus seinem Besitz ist auch erhalten.
Früh fiel der Entschluss, dass Franz Xaver Musiker werden solle. In Antonio Salieri, Sigismund Neukomm und Johann Nepomuk Hummel hatte er wohl die besten Lehrer seiner Zeit. Echte „Karriere“ ist keine draus geworden. Die Konkurrenz in Wien war übergroß. Franz Xaver Mozart verbrachte zwei Jahrzehnte seines kurzen Lebens im fernen Lemberg (Lwiw in der heutigen Ukraine). Als privater Musiklehrer einer Adelsfamilie (und Intimus der Gräfin Josephine Baroni-Cavalcabo) brachte er sich dort durch. Er gründete einen Caecilien-Chor in Lemberg, schrieb Klavier- und Kammermusik, Lieder und auch zwei Klavierkonzerte. Als Pianist ging er mal auf Europa-Tournee. Er war eben „Wolfgang Amadè Mozarts Fils“ (so zeichnete er die meisten seiner Werke), Genie-Sohn im Hauptberuf, ohne wirklich viel Wind drum zu machen. Die Bescheidenheit macht ihn posthum sympathisch.
Ach ja, Mozarts Ohr: Es ist eben nicht jenes des Vaters, sondern das vom Sohn Franz Xaver. Aber es soll dem Lauscher des Altvorderen nicht ganz unähnlich gewesen sein, heißt es.