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MOZARTEUMORCHESTER / BOLTON / STADTFELD

20/11/15 Mehr Esprit? Die glücklose Königen Marie-Antoinette hat diese Symphonie besonders geliebt und ihr den Beinamen „La Reine“ beschert. Die Franzosen haben es (hoffentlich bald wieder) mit dem Esprit. Das Mozarteumorchester, besonders unter Ivor Bolton, hat sonst auch mehr Witz und Pfiff, als es bei dieser „Pariser Symphonie“ zu versprühen bereit war.

Von Heidemarie Klabacher

So war die Symphonie Nr. 85 B-Dur Hob. I:85 der klassisch untadelig – um nicht zu sagen gradlinig routiniert – abgespielte Beginn des zweiten Konzerts im Zyklus des Mozarteumorchesters am Donnerstag (19.11.) im Großen Saal des Mozarteums. Im ersten Satz hörte man wohl die eine oder andere Opernfiguren durch das dramatische Geschehen huschen. Doch bald wurde aus dem farbenkräftigen Gemälde eher ein verblassendes Aquarell. Oder ein Gobelin? Immerhin hört man bei Bolton jede Feinheit der musikalischen  Textur, auch wenn der Glanz seltsamerweise einmal fehlt.

Auf Haydn folgt naturgemäß Mozart. Diesmal in Gestalt des Klavierkonzertes Nr. 9. Es-Dur KV 271 „Jenamy“. Der Solist war Martin Stadtfeld. Der zu recht als feinsinniger Bach-Interpret gefeierte Pianist lieferte einen erstaunlich wenig differenzierten, oft geradezu handfesten Mozart ab. Ob das Orchester so laut spielte, weil der Solist so kräftig in die Tasten griff, oder ob der Solist dies tat, um dem Orchester zu parieren, war nicht recht zu entscheiden.

In der gleichen Konstellation – Mozarteumorchester, Bolton, Stadtfeld – liegt KV 271 auf einer brandaktuellen CD vor. Die Aufnahme tröstet mit all jenen Feinheiten, die die Live-Begegnung eher hat missen lassen.

Martin Stadtfeld spielte auf einem Flügel der Bayreuther Firma Steingraeber & Söhne, einem überaus fein intonierten klangfarbenreichen Instrument, das in diesem Kontext aber nur Augenblicks- oder Phrasenweise zur vollen Wirkung kommen konnte. Welche subtile Wirkung das sein kann, war im kantablen Mittelteil des dritten Satzes über feinem Streicherpizzikato zu erleben. Und in der Zugabe! Einer überwältigenden Miniatur des Knaben Mozart aus dem „Londoner Skzizzenbuch“. Zum ersten Mal an diesem Abend hielt man den Atem an. Das waren pianistische Stern-Minuten! Auch das „Londoner Skzizzenbuch" ist übrigens auf der neuen Doppel-CD enthalten.

Auf Mozart folgte, wie es sich gehört, Beethoven. Erst hier überzeugten Mozarteumorchester und Bolton an dem Abend wirklich. In der großen Linie expressiv und mitreißend. Im Detail fein ausgemalt, klanglich besonders fein schattiert in den oft düsteren Passagen. Der Trauermarsch fast rezitativisch, stockend, erhellt immer wieder von der Oboe. Die Spannung besonders der vielen Bläserpassagen war mit Händen zu greifen. Bockig, nervös, vorwärts drängend der Finalsatz. Die sich aufbäumenden Triumphpassagen wurden immer wieder ein einer geradezu aus höheren Sphären herüber klingenden „Tanzlmusi“ konterkariert. Ein Beethoven, ein Bolton – ein Erlebnis. Geschuldet dem Mozarteumorchester natürlich.

Bild: www.martinstadtfeld.de
Zur CD-Kritik Ein spannender Vergleich über Jahrzehnte

 

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