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Musik muss halt auch vom Fleck kommen

KULTURVEREINIGUNG / NDR RADIOPHILHARMONIE

12/11/15 „Mit dem Engagement des österreichischen Ausnahmepianisten Ingolf Wunder ist der Salzburger Kulturvereinigung ein besonderer Coup gelungen. Seit seinem zweiten Platz beim Internationalen Chopin-Wettbewerb in Warschau stehen dem Kärntner Türen und Tore offen.“

Von Reinhard Kriechbaum

Die publicityträchtige Formulierung findet sich so auf der Homepage der Kulturvereinigung. Nach dem ersten von drei Konzertabenden muss man die Sache ein klein wenig ins Lot rücken. So ein „Coup“ ist es dann doch nicht, einen dreißigjährigen Pianisten ins Große Festspielhaus zu locken. Auch wenn Ingolf Wunder – als Chopin-Interpret vor allem – tatsächlich einen guten Ruf hat. Auf diesem Feld hat er dann am Mittwoch (11.11.) auch wirklich überzeugt: in zwei zugegebenen Variationen über ein Bellini-Thema, eine von Chopin, die zweite von Liszt. Kommt man bei Chopin mit gediegener Lyrik-Malerei aus, braucht's für den Liszt-Abschnitt schon gefühlte dreißig Finger... Beides war fein musiziert.

Eher durchwachsen dafür Beethovens Viertes Klavierkonzert. Die Stunde der Wahrheit schlägt für einen Solisten, wenn er sich dann plötzlich mit einem Dirigenten bzw. Orchester zusammen gespannt findet, die – sagen wir es vorsichtig – nicht ganz auf seiner Vorstellungslinie liegen. Andrew Manze ist ein sehr tüchtiger und auffallend detailgetreu arbeitender Kapellmeister. Er mag in die Gruppe der aufführungspraktisch „informierten“ Dirigenten zu rechnen sein, der kaum eine Episode in diesem Werk unbeleuchtet, ungedeutet belässt. So viel Struktur, aber leider auch: So wenig innere Triebkraft! Nicht nur der Eröffnungssatz hat gewirkt, als tippe man alle zehn Takte vorsorglich auf die Bremse.

Dieses Fädenwerk aus tönender Struktur hat also Ingolf Wunder solistisch irgendwie ergänzt. Toll präzis in den Läufen, die dann immer in perfekt ausgehörchten Akkorden mündeten. Vorbildlich auch die Lyrik im langsamen Satz – aber wie hätte man sie mit den Einwürfen der Streichen, diesen emotional aussagekräftigen Unisono-Melodien, verbinden können? Irgendwie war alles perfekt und vorbildlich, und doch blieb viel Uneingelöstes. Die PR-Vorschusslorbeeren wurden jedenfalls nicht annähernd eingelöst.

Für die NDR Radiophilharmonie sind die drei Konzerte bis Freitag (13.11.) das Salzburg-Debüt. Ein wirklich gutes Orchester, wenn auch – zumindest in dieser Werkfolge – eines ohne solche Eigenart, die eine Gastspielreise wirklich nahe legte. Auftakt mit der „Freischütz“-Ouvertüre, nach der Pause die „Zweite“ von Brahms. Auch da viel Gelungenes, gut Ausgehorchtes. Aber auch hoffnungslos verschlurfte Episoden sonder Zahl. Die Musik wirklich vom Fleck zu bringen, ist an dem Abend nicht gelungen.

Das gleiche Programm ist auch heute Donnerstag (12.11.) im Großen Festspielhaus zu hören, am Freitag (13.11.) erklingen Werke von Glinka und Tschaikowsky – www.kulturvereinigung.com
Bild: Kulturvereinigung

 

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