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Spätromantik pur

MOZARTEUMORCHESTER / CONSTANTIN TRINKS

09/11/15 Exakt einen Monat vor Sibelius' 150. Geburtstag glänzte James Ehnes als Solist in dessen Violinkonzert. Gastdirigent Constantin Trinks ergänzte die 2. Matinee des Mozarteumorchesters dieser Saison mit der Live-CD-Produktion von Hans Rotts Sinfonie.

Von Horst Reischenböck

Finnlands Nationalkomponist Jean Sibelius war über die Originalfassung seines d-Moll-Konzerts op. 47 von 1903/04 nicht glücklich. Wohl auch wegen der unzulänglichen Interpretation anlässlich der Uraufführung und darob kritischer Urteile. Erst 1990 erlaubte seine Familie eine erste Aufnahme dieser ur-Version durch Leonidas Kavakos, der sich den darin immensen technischen Schwierigkeiten des an Brahms'sche Dimensionen streifenden Werks stellte. In der vertrauten Zweitversion kürzte Sibelius nicht nur den ausgedehnten Kopfsatz, sondern auch den Schluss. Daneben ließ Sibelius, in seiner Jugend selbst ein Teufelsgeiger mit solistischen Ambitionen, dem Violinpart jedoch hinreichend virtuosen Anspruch. Das sichert dem Konzert nach wie vor ungebrochene Beliebtheit.

Den Anforderungen stellte sich der Kanadier James Ehnes bei seinem zweiten Auftritt in Salzburg (nach seinem Festspieldebüt 2009) mit Bravour. Ein letztes Mal blüht hier im Schaffen von Sibelius der ihm eigene, national romantisch gefärbte Tonfall auf: Verhalten bettete Ehnes sein Instrument vorerst in diese entsprechend zart von den begleitenden Streichern angerissene Stimmung, gab sich dann mit vollem Einsatz den Läufen und der zentrale Kadenz an Stelle einer Durchführung hin. Genauso warm kostete er mit seiner Stradivari die Harmonien der Romanze aus, um dann abschließend vehement den markanten Polonaisen-Rhythmus in einen Wirbel furioser Abgründe zu steuern. Abgesichert durch den aufmerksam dirigierenden Constantin Trinks und dem unter seiner engagiert präzisen Stabführung exzellent aufspielenden Mozarteumorchester.

Genau so intensiv widmete sich das Orchester der einzig vollendeten Sinfonie in E-Dur (eine zweite blieb nur Projekt) von Hans Rott. Sein Opus bekam der blutjung (noch nicht 26jährig) Verstorbene nie zu hören: Es wurde erst nach über 100 Jahren in Cincinnati und anschließend London aus der Taufe gehoben. Vielleicht hätte er korrigiert, überarbeit, so wie sein Studienzimmer-Kollege Gustav Mahler, der erst ein Jahrzehnt später seinen sinfonischen Erstling konzipierte.

Einflüsse sind bei einem Jugendwerk natürlich nicht wegzudiskutieren: So das von Trompete und Horn initiierte Eröffnungsthema, das als gedankliche Klammer zyklisch mehrfach ertönt und wie die fugierten Abschnitte an Rotts Orgelprofessor Anton Bruckner gemahnt. Oder der Nachklang von Richard Wagners „Die Walküre“ und auch die interessanterweise unüberhörbare Reverenz vor Johannes Brahms im Blech-bekrönten Finale, in dem Editor Paul Banks zum Trompetenquartett und den drei Posaunen die von Rott vorgesehenen vier Hörner zum Sextett erweiterte. Faszinierend eigenständig jedoch das durchkomponierte Scherzo, weit mehr als ein „missing link“ zu Mahler. Von allen Beteiligten wurde das beeindruckend, ja phänomenal ausgeführt und zu Recht langanhaltend bejubelt. Auf die Liveaufnahme, die bei Oehms erscheinen wird, darf man gespannt sein.

Auch die nächste Sonntagsmatinee des Mozarteumorchesters am 17. Jänner 2016 hält ein (über)großes romantisches Violinkonzert bereit, jenes von erwich Wolfgang Korngold. Da ist Benjamin Schmid der Solist.
Zuvor aber gibt es am kommenden Sonntag (15.11.) um 11 Uhr im Haus für Mozart eine Aufführung der „Carmina burana“. Es ist ein Benefizkonzert zugunsten der Ausbildung junger Flüchtlinge - www.mozarteumorchester.at
Bilder: www.jamesehnes.com / Benjamin Ealovega (1); www.constantintrinks.com (1)
Über Hans Rott und seine Erste Symphonie Mahlers Nullte oder Rotts Erste?

 

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