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Von Hildegard, Adriana, Cathy, Gertraud – und Luciano

FRAUENSTIMMEN 2015

09/11/15 „’Wem g’heast denn Du?’ werd I öfter gfragt. Gfälln hat da dös no nia. Grad z’fleiss hab i zu denen g’sagt: Wissts eh, I g’her nur mir.“ Die Zeitung lesende Frau gibt deutlich schrägere Töne und Geräusche von sich... Zeitgenössische Musik erklang in der Reihe „Frauenstimmen“.

Von Heidemarie Klabacher

Ein untadeliger authentischer Volksliedsatz, sauber und musikantisch gesungen, als hätten die Damen das Genre von Kindesbeinen an auf Heidis Alm mit der Ziegenmilch eingesogen. Aber der Text will so gar nicht dazu passen. Im Volkslied, wie im Kunstlied, in der Oper wie im Schlager, ist die Liebe unendlich und über allen Gipfeln ohnehin Ruh. Aber diese Dialektgedichte stammen von Brigitte Wiedl und wurden vertont von Gertraud Steinkogler-Wurzinger. „G’schiedn muass sein“ klingt dann etwa so: „Amoi muass aus sei, amoi ist gnua. Vielleicht kimmt noch dir no a andara Bua“. Enorm reizvoll die Spannung zwischen den perfekt gehandhabten - im besten Sinne - traditionellen Mitteln und der querständigen Aussage. Subversiv!

Das Ensemble DIAGONAL VOKAL - Andrea Jarnach, Johanna Kapelari, Regina Kluba, Gertraud Steinkogler-Wurzinger – hat am Sonntag (8.11.) im Domchorsaal aber nicht nur als Viergesang überzeugt. Es erklangen Stücke von Sophia Gubaidulina ebenso wie von Hildegard von Bingen. „Give me a few words for a woman. Monologe für Stimme und Performance“ war der Titel. Gemeinsam veranstaltet wurde der Abend in der Reihe „Frauenstimmen“ von der Maria-Anna Mozart-Gesellschaft und vom Institut für Gleichstellung und Gender Studies an der Universität Mozarteum.

Reizvolle „Klassiker“ der Neuen Musik standen im Zentrum. „Wooom“, „Stomp“, „Booooing“ klingt es im Comic. Cathy Berberian (1925-1983) spielt mit den gezeichneten (englischen) Lauten und reiht sie in ihrer „Stripsody“ zu einer launigen Comic-Partitur aneinander. Die Projektion der Partitur und die temperamentvolle Interpretation setzten einen rasanten Comic-Strip in den Köpfen der Zuhörer in Gang.

Der „Monolog“ der Zeitung lesenden Frau von Adriana Hölszky (1953) ist ein Paradestück für Gertraud Steinkogler-Wurzinger. Immer wieder überraschend, wie viel Medienkritik – und welch subtile Porträts Zeitung lesenden Volkes – sich in dieser Partitur verbergen. Auch wenn diese nicht in die Blätter eines „Kleinformates“ eingeklebt ist.

„Sequenza III“ hat keine Komponistin, sondern ein Komponist geschrieben. Umso eleganter, dass die Damen auch Luciano Berios Klassiker aus 1966 ins Programm aufgenommen und die Textzeile daraus als Motto für den Abend gewählt haben: ein weiteres Bravourstück für Gertraud Steinkogler-Wurzinger.

Und die Frau aus der Schachtel? Das war Esther Steinkogler in der Performance „Little Boxes“ auf Text und Musik von Malvina Reynolds. Ohne den Mut oder auch nur das Verlangen, die eigene Schachtel je zu verlassen, baut der Schachtel-Mensch sich seinen Horizont mit immer weiteren Schachteln zu. Wie ein englisches oder amerikanisches Kinderlied – a la „Five Little Ducks“ – kommt ganz am Ende das Lied daher: „… and the people in the houses All went to the university, Where they were put in boxes. And they came out all the same…“

Bernadette Heidegger betreute szenisch die Performances zu Steinkogler-Wurzingers „Kassandra Fragmenten“ auf Texte von Christa Wolf und „Das Lächeln der Sphinx“ auf einen Text von Ingeborg Bachmann. Zu welch letzterem die Komponistin mit dem ungerührt entrückten Gesichtsausdruck einer Sphinx Nüsse knackte... Ein vielfältiger, vielschichtiger Abend, humorvoll und tiefsinnig.

Bild: Frauenstimmen 2015

 

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