Die Leinwand der Zeit mit Musik bemalt
STIFTUNG MOZAREUM / DIALOGE / "ZEIT"
13/11/15 „Wenn mich niemand danach fragt, weiß ich es. Wenn ich es einem erklären will, der danach fragt, weiß ich es nicht“, sagte vor 1600 Jahren Aurelius Augustinus über die Zeit. Echte Philosophen wissen nie etwas, sonst wären sie Fundamentalisten. „Zeit“ jedenfalls ist das Motto des Festivals „Dialoge“ von 25. bis 29. November. Das längste Stück dauert – je nach Spielweise – dreieinhalb bis fünfeinhalb Stunden.
Von Heidemarie Klabacher
„Wenn mich niemand danach fragt, weiß ich es. Wenn ich es einem erklären will, der danach fragt, weiß ich es nicht.“ Viel mehr können wir Heutigen auch nicht über die Zeit sagen, da mag in Thomas Manns „Zauberberg“ oder im „Rosenkavalier“ noch so viel Sinniges vermerkt sein… „Viel klüger sind wir seither nicht geworden. Und wollte heute von uns jemand Auskunft über das Wesen der Musik oder über den Klang an sich, wir müssten wohl ähnlich ratlos antworten wie Aurelius Augustinus“, sagt Matthias Schulz von der Stiftung Mozarteum. Aber der moderne Mensch sieht das Positive jeder Selbst-Infragestellung - und schlägt nach: „Ratlosigkeit ist aber auch Offenheit. Und das Offene gibt Raum für unerhörte Kunst.“
Und solche stellt das Festival „Dialoge“ einmal mehr zur Diskussion: Mozart, Beart Furrer und Morton Feldmann stehen bei den Dialogen von 25. bis 29. November im Zentrum von Orchesterkonzerten, Kammermusikabenden, Künstlergesprächen und Performances.
„Ich bin an Zeit in ihrem unstrukturierten Zustand interessiert“, sagte Morton Feldman. „Das heißt, mich interessiert, wie dieses wilde Tier im Dschungel lebt, nicht im Zoo. Mich interessiert die art, wie Zeit existiert, bevor wir unsere Klauen hineinschlagen, unsere Ideen und Vorstellungen.“
Der New Yorker Feldman, 1987 viel zu früh verstorben, habe das Verhältnis zwischen Musik und Malerei mit enormer Konsequenz erkundet, sagt Schulz. Er habe sich dazu etwa an bewussten Unregelmäßigkeiten anatolischer Teppiche orientiert und habe aus nur wenigen Tönen stundenlange oft sehr leise Klangflächen entwickelt. „Die Leinwand der Zeit mit Musik bemalt.“
„Wer die Musik von Beat Furrer kennen lernen möchte, sollte sich unmittelbar zum Ausgangspunkt seiner klanglichen Fantasie begeben: zu dem dramatischen Moment, in dem Ungeheuerliches passiert“, schreibt Marieluise Maintz, die Projektleiterin Zeitgenössische Musik und Dramaturgie beim Bärenreiter Verlag. Seine Werke „machen unerhörte Begebenheiten hörend erlebbar“. Beat Furrers Stück „nuun“ erklingt am Eröffnungsabend der Dialoge am 25. November.
Die „Dialoge“ bieten ihrem Publikum wie immer mehr, als „nur“ Musik: Der österreichische Lichtdesigner Christian Weißkircher entwirft und realisiert diesmal das Lichtkonzept in allen bespielten Räumen der Stiftung Mozarteum.
Der österreichische Künstler Constantin Luser schaffe, so Matthias Schulz, mit seinen vielgestaltigen Zeichnungen und schwebenden Objekten „ein bildnerisches Pendant zu den Klängen von Mozart, Feldman und Furrer“. Arbeiten von Constantin Luser sind in den Räumlichkeiten der Stiftung Mozarteum und in einer Ausstellung in der Galerie Mario Mauroner Contemporary art in der Alten Residenz zu sehen. „Während der aufführung von Morton Feldmans „triadic Memories“ treten die feingliedrigen Skulpturen Lusers mit den schwerelosen tönen Feldmans in einen beredten Dialog.“