Im Markusdom und an der Moldau
SALZBURGER LANDESJUGENDORCHESTER
20/10/15 Wenn's auf der Moldau zu den Stromschnellen geht, dann wäre das Ölzeug nicht falsch. Sie hatten am Montag (19.10.), nachgezeichnet vom Salzburger Landesjugendorchester, schon fast die Dimension der Niagara-Fälle.
Von Reinhard Kriechbaum
Wie imposant sie wirklich waren, jene legendären Johannisstromschnellen, die Moldau-Schiffern einst recht zu schaffen machten, ist heute schwer zu beurteilen. Längst steht dort eine Staumauer. Wasserwirbel gibt es nur noch in der Kraftwerksturbine. In der Musik-Schilderung, wie sie gegen Ende von Smetanas „Moldau“ auftaucht, tost es ordentlich, und doppelt heftig in der Wiedergabe durch das Landesjugendorchester. Das hatte natürlich nicht nur mit jugendlichem Ungestüm zu tun, sondern auch mit dem Raum selbst: Der Große Saal des Mozarteums ist vielleicht nicht das ideale Flussbett, zumindest nicht für den Unterlauf der Moldau. Weiter oben, wo Flöten, Geigenpizzikati und die Harfe ein noch sanftes Plätschern imaginieren, war's fein und wohlig, und auch die Polka der Hochzeitsgesellschaft am Gestade hat sich elegant angehört.
Norbert Brandauer hat das Orchester wieder mit ganz unterschiedlicher Musik konfrontiert: Schuberts „Unvollendete“ war erwartungsgemäß bestens geprobt. Da merkt man schon, dass der Unterricht im Musikum fruchtet im Bundesland und die Basis breit ist. Darauf kann man aufbauen und darf im Landesjugendorchester mit einem Ergebnis rechnen, das sich nicht im Bewältigen des Notentextes allein erschöpft. Die „Unvollendete“ ist wirklich schön und rund musiziert worden.
Veronika Hagen war die Solistin in Max Bruchs Romanze für Viola und Orchester. Gar kein Rührstück, wenn man die Emotion so gut dosiert. Moderator Christoph Matl konnte von kühnen Zeitsprüngen erzählen. Das Stück ist 1912 entstanden (man glaubt es kaum), aber das Instrument, das Veronika Hagen in Händen hielt, stammt vom barocken Meister Stradivari. In der Besitzer-Reihe finden sich Namen wie Paganini und Mendelssohn.
Mit Zeitsprüngen waren in diesem zwei Mal (um 11 und 18 Uhr) gegebenen Konzert vor allem die Blechbläser konfrontiert: Giovanni Gabrielis „Canzona noni toni“ ist ein höchst wirkungsvolles Beispiel für den Raumklang, wie ihn die Gabrielis als Musiker im Markusdom in Venedig entfesselten: Drei Bläsergruppen, eine Renaissance-Multivision. Der Trick hat nicht ausgedient: Auch Jakob Gruchmann, der so etwas wie der Hauskomponist des Landesjugendorchesters geworden ist, bedient sich des gleichen Tricks und setzt in seinem Werk „Klangwanderung“ zudem auf stilistische Verschnitte vom Bigband-Jazz-Sound bis zum Landler. Sehr effektvoll.
Nächstes Jahr wird das Salzburger Landesjugendorchester übrigens ein Oratorium von dem dann 25jährigen Jakob Gruchmann aus der Taufe heben. Fein, dass das alles so gut läuft (unter organisatorischer Hilfe der „Akzente), und dass die Begeisterung der jungen Musikerinnen und Musiker auf ihr ebenso junges Publikum durchschlägt. Damit kann man jedes Jahr sowieso fix rechnen.