In memoriam - aber mit Pfiff
KULTURTAGE / PHILHARMONIE SALZBURG
19/10/15 Zwei Tage zuvor jährte sich zum 25. Mal der Todestag Leonard Bernsteins. Ihm widmete Elisabeth Fuchs Freitag (16.10.) mit „ihrem“ Orchester das Eröffnungskonzert der derzeitigen Salzburger Kulturtage: „From Broadway to Hollywood“
Von Horst Reischenböck
Zum Eingang ein „Rausschmeißer“. Die Operette „Candide“ (auf Voltaires bissige Satire), 1956 uraufgeführt, war kein Erfolg – wohl aber die sowohl geistreiche wie witzige Einleitung. Die Philharmonie Salzburg hat sie genauso pfiffig ausgeführt wie die drei zündenden Tanzepisoden, die Bernstein aus seinem Musical „On the Town“ filterte. Bernstein hat einmal bedauernd geargwöhnt, er werde wohl nur mit der „West Side Story“ in Erinnerung bleiben. Ein Highlight daraus, die Adagio-Kantilene des „Somewhere“, wurde vom Solo-Hornisten berückend schön geblasen. Der Mambo aus den „Symphonic Dances“ ist ein Zugpferd beispielsweise von Gustavo Dudamel und dem Simón Bolívar Jugendorchester. Ihm konnte die Philharmonie Salzburg im Großen Festspielhaus absolut Parole liefern!
George Gershwin war, als es um seine berühmte Rhapsody in Blue ging, noch skeptisch, seine orchestralen Klangvorstellungen adäquat verwirklichen zu können. Er versicherte sich deshalb der Mitwirkung Ferde Grofés, der zum Beginn der Klarinette ihr berüchtigtes Glissando verordnete. Von der Solistin aus Reihen der Philharmonie wurde es ausgezeichnet gemeistert. Bernstein lernte das Werk einst durch Gershwins Schüler Oscar Levant gleichsam aus erster Hand kennen und interpretierte selbst auch später dessen Klavierpart. Diesmal beeindruckte „Jungspund“ Lorenz Widauer am Steinway. Nach nachdenklichem Einstieg dann rhythmisch pulsierend in vollkommener Übereinstimmung mit der Begleitung, die ihn allerdings gelegentlich auch übertönte. Ein begeisternde Interpretation, von der Jugend im Auditorium auch entsprechend bejubelt wurde.
Bernstein war immer wieder Sachwalter seiner Kollegen. Speziell für Aaron Copland und dessen kaum zu hörende Sinfonien. In die Dritte bezog der Komponust „A Fanfare for the Common Man“ ein, eine der bei ihm durch Eugene Goossens 1942 bestellten Kriegsfanfaren, die nach der Pause den Beginn der zweiten Programmhälfte signalisierte. Copland war es ein Anliegen, einen „American sound“ zu kultivieren. Einfachheit bei aller inneren Komplexität, wie sie sich stimmungsvoll in „The promise of living“ mit einem exzellent ausgeführtem Blechbläsersatz äußert. Von dieser musikalischen Substanz wurde man allerdings durch Tanz abgelenkt. Aus dem schön öfter bei uns gespielten Ballett „Appalachian Spring“ gab es dann „Simple Gifts“ (eine weitere Querverbindung zu Bernstein, der sich in seiner auch von Elisabeth Fuchs bei uns bereits aufgeführten „Mass“ in seinem „Simple Song“ darauf bezog).
Auch Aaron Copland schrieb Filmmusik, und das war der gedankliche Anknüpfungspunkt zu John Williams: Er schuf Partituren für berühmte Regisseure wie Stephen Spielbergs „Schindler's List“ und „E.T.“ oder Chris Columbus „Harry Potter“ mit dem bekannten „Hedwig's Theme“. George Lucas empfohlen, untermalte er dann Oscar-bekrönt „Star Wars“-Episoden: die tönende Überrumpelung zum Konzertende.