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Klingelnd auf geschmeidigen Reifen

TASCHENOPERN FESTIVAL / SIRENEN

11/09/15 „Sirenen“ sind das Thema. Nicht diese, die von Feuerwehrhäusern heulen, sondern jene, die mit ihrem Gesang die Männer bannen – und zwar frei nach James Joyce. Alle zwei Jahre findet das Taschenopernfestival statt. Fünf Uraufführungen, fünf Opern zu je zwanzig Minuten stehen bei der sechsten Ausgabe zum Thema „Sirenen“ auf dem Programm.

Von Heidemarie Klabacher

Odysseus hat sich gleich gar nicht auf den Kampf gegen die verführerischen Wesen ein-, sondern an den Mast seines Schiffes binden lassen: So konnte er ihren Gesängen lauschen und dennoch überleben. Beim Taschenopernfestival geht es freilich nicht um den antiken listenreichen Helden, sondern um seinen Nachfahren, den „Ulysses“ von James Joyce. Dieser „Held“ – Leopold Bloom – weiß sich der Gefahren, die von den Dubliner Sirenen, Bardamen sind das, ausgehen, ebenfalls zu entziehen.

Dass als Thema für die Taschenopern das Sirenenkapitel aus dem „Ulysses“ ausgewählt hat, ist nachvollziehbar, gilt es doch als das „musikalischste“ Kapitel innerhalb der „Komposition“ des Romans: Anspielungen auf über 150 musikalische Werke haben Experten entdeckt. Die Bandbreite reicht von großen Opern (etwa Don Giovanni) bis zu irischen Volksliedern. Auch musikalische Begriffe und Zeichen, etwa Wiederholungszeichen, kommen im Sirenenkapitel vor.

Wer hat sich nun komponierend an James Joyce gewagt? Ann Cleare aus Irland, Wen Liu aus China, Brigitta Muntendorf und Sarah Netsov aus Deutschland sowie Jagoda Syzmtka aus Polen: Sie haben die fünf Kurzopern geschrieben. Gemeinsam ist den Stücken der thematische Ausgangspunkt, besagte „Sirenen-Episode, in deren Zentrum James Joyce die Macht, die Wirkung und die Symbolik der Musik und des Gesangs stellt“, schreiben die Veranstalter. „Joyce’s Spiel mit der Sprache wird zum Impulsgeber für neues Musiktheater als Spiel mit der Wahrnehmung.“ Mutig, mutig, kann man nur sagen und drauf gespannt sein. Außerdem stelle man wieder die Frage „nach den Bedingungen des zeitgenössischen Musiktheaters im Taschenformat“: Welche Möglichkeiten der künstlerischen Auseinandersetzung mit Fragen der Gegenwart eröffnen sich an den Schnittstellen von Musik, Sprache und Szene? Warum singt ein Mensch? Mutig, mutig, dies alles auf Mini-Libretti just nach James Joyce abhandeln zu wollen.

Die Opernminiaturen dauern jeweils etwa zwanzig Minuten und werden direkt aufeinander folgend gespielt. Damit eröffne sich dem Publikum „die außergewöhnliche Möglichkeit, fünf unterschiedliche Positionen einer jungen Generation von Komponistinnen in unmittelbarem Vergleich zu erleben“.

Das biennale Taschenopernfestival ist eine Koproduktion von Klang21 mit der ARGEkultur in Zusammenarbeit mit dem oenm österreichische ensemble für neue musik und dem Salzburger Festspiele und Theater Kinderchor. Seit 2005 veranstaltet und produziert Klang21, Verein zur Förderung zeitgenössischer Musik und darstellender Kunst, das Taschenopernfestival Salzburg mit jeweils fünf bis sieben Musiktheater-Uraufführungen. Mit den Stücken würden durchwegs viel versprechende Komponistinnen und Komponisten der jungen und mittleren Generation aus Österreich und Europa betraut. Dabei stünde, soe die Verantwortlichen, in unterschiedlichen Formulierungen die Frage im Zentrum: Wie viel Realität braucht die Oper?

„Rinn“ von Ann Cleare, „Bronze by Gold“ von Brigitta Muntendorf und „In Bloom“ von Jagoda Szmytka  kommen in der Regie von Thierry Bruehl zur Uraufführung. „The End of the Song“ von Wen Liu in der Regie von Ernst M. Binder und „Defekt“ von Sarah Nemtsov in der Regie von Kristof Georgen. Es spielt das oenm österreichisches ensemble für neue musik. Für die Gesamtleitung zeichnen Thierry Bruehl und Cay Bubendorfer.

Stichworte zu den Musiktheater-Stücken

Ann Cleare / Thierry Bruehl: „Rinn“. Ein Mann, vier Frauen. Ein Schauspieler, vier Sängerinnen. Vier Sirenen projizieren einen Mann – oder umgekehrt. In jedem Fall: ER ist stumm, SIE singen – sprechen im wahrsten Sinne des Wortes durch ihn. Oder umgekehrt?

Wen Liu / Ernst Marianne Binder: „The End of the Song“. Die Sirenen-Episode von James Joyce als Kammerspiel ohne gesprochene Sprache. Ein Baß, zwei Soprane, ein Bariton erzählen mit ihren Stimmen die Geschichte von Joyce’s Sirenen.

Brigitta Muntendorf / Thierry Bruehl: „Bronze by Gold“. Begehren, Trieb, Sirenengesang, Klang der Sprache. Zwei Conférenciers führen in einem Performance-Ritt durch die Sirenen-Episode. Angetrieben von einem Sopran. Dazu vier Knabenstimmen.

Sarah Nemtsov / Kristof Georgen: „Defekt“. Ein Countertenor - die Sirene. Ein Schauspieler als Gegenspieler. Dazu eine musikalisch außergewöhnliche Besetzung mit Klavier, Kontrabaß, Saxophon und Schlagzeug.

Jagoda Szmytka / Thierry Bruehl: „IN BLOOM“. Eine Schauspielerin und fünf Liebeslieder. Ein stummer Bariton als tauber Klavierstimmer in einem in einem Club, 2015. Vielleicht Karaoke?

Taschenopernfestival „Sirenen“ - Premiere ist am 16. September - weitere Vorstellungen folgen 17., 18., 24., 25. und 29. September jeweils um 19.30 in der ARGEkultur - www.argekultur.at
Bild: Plakat

 

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