asdf
 

Klingende Visitenkarte

LANDESTHEATER / CHORKONZERT / OUVRE TON COEUR

21/09/15 „Normalerweise“ tragen sie Uniform und Reifrock, die Tracht wilder Ganoven oder braver Landmädchen. In zivil-zivilsierter schwarz-weißer Konzertkleidung sieht man die Damen und Herren vom Chor des Salzburger Landestheaters höchst selten.

Von Heidemarie Klabacher

Der Chor des Salzburger Landestheaters hat ein Konzert gegeben. Ganz ohne Oper drum herum und auch nicht auf der Bühne, sondern in der Evangelischen Christuskirche unter der Leitung der Musikdirektorin Mirga Gražinyte-Tyla.

Auf dem Programm standen Werke des „alten“ Litauers Bronius Kutavičius und des „jungen“ Amerikaners Eric Whitacre, sowie Rossinis „Petite messe solennelle“.

Statt gefunden hat das Ganze am Samstag (19.9.). Also genau einen Abend vor der – wie sich inzwischen herausgestellt hat – hinreißenden Eröffnungspremiere „Il Mondo della luna“ am Sonntag (20.9.) im Landestheater.

Es war ein überaus reizvoller Chorabend mit Raritäten, wie dem Stück „Gilijos laivužis“ von Bronius Kutavičius, Jahrgang 1932, einem vielfach auszeichneten litauischem Komponisten, der sich in seinen Werken immer wieder mit der Volkmusik seiner Heimat auseinandersetzt. Das gelbe Schifflein, das vor der Stadt Gillija auf den Wellen tanzt, setzt seine Segel – in spürbar volksmusikalischen Wendungen – nicht Richtung hohe See, sondern in Richtung des Hofes, „wo mein Mädchen wohnt“.

Mit Eric Whitacres, Jahrgang 1970, „Five Hebrew Love Songs“ vermittelte der Chor des Landestheaters eindrückliche Stimmungen zwischen feinem leisem Sehnen und übermütig springendem Tanz. Spannungsvoll ausgekostet hat Mirga Gražinyte-Tyla die nahtlosen Übergänge zwischen den fünf „Sätzen“. Georges Bizets spanische Serenade „Ouvre ton coeur“, die dem Konzert den Titel gab, stand in einer Bearbeitung der Musikdirektorin für Chor und Klavier auf dem Programm. Einwürfe von Schellentrommel (bei Whitacre) oder Kastagnetten (bei Bizet) wurden von Chormitgliedern gespielt.

Rossini hatte wohl ein bisserl ein schlechtes Gewissen wegen seiner opernhaften Messe für Chor, Solisten, Klavier und Harmonium. Er schrieb in seiner „Widmung“ an den lieben Gott: „Ich bin für die Opera buffa geboren. Du weißt es wohl! Ein bisschen Können, ein bisschen Herz, das ist alles. Sei also gepriesen und gewähre mir das Paradies.“ Die Sopranistin Meredith Hoffmann-Thomson, die Mezzosopranistin Stepanka Pucalkova, der Tenor Bernd Lambauer und der Bass Raimundas Juzuitis entführten zusammen mit dem Chor des Landestheaters in die farbenreich changierende Welt dieser Komposition zwischen Opernbühne und Hochaltar.

Das alles wäre interessant genug gewesen. Der Opernchor, einstudiert von Chorleiter Stefan Müller, hat mit dieser quasi zwischendurch abgegebenen „Visitenkarte“ einmal ganz zu recht auf sich aufmerksam gemacht.

Mit dem Termin aber hat die Musikdirektorin zudem ein besonderes Zeichen der Wertschätzung für „ihren“ Chor gesetzt: Mirga Gražinyte-Tyla hat tags darauf die Eröffnungspremiere der neuen Spielzeit geleitet. Die Korrepetitoren Ayala Rosenbaum und Edward Kim haben die Klavierparts gespielt - und sind natürlich ebenfalls an der Haydn-Produktion beteiligt, wie auch der Chorleiter Stefan Müller, der bei Rossini das Harmonium gespielt hat. Der Bassist Raimundas Juzuitis ist in „Il Mondo della Luna“ einer der Scolari. Und nicht zu vergessen Konzertmeister Frank Stadler, der im Chorkonzert die „Five Hebrew Love Songs“ mit einem Violinsolo fein umspielte. - Ein bemerkenswerter Einsatz der Musikdirektorin und aller Beteiligten für „ihren“ Chor. 

Bild: dpk-krie (1); Landestheater / Anna-Maria Löffelberger (1)

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014