Da Capo!
STIFTUNG MOZARTEUM / STADLER QUARTETT
22/04/15 Wie immer unprätentiös, der Auftritt des Stadler Quartetts. Mit Sakko oder ohne – es geht um Wesentlicheres. Irgendwo auf der Bühne des Wiener Saales steht auch noch ein offener Mikrokoffer. Na und? Es geht um vier Streicher, sonst nichts.
Von Dietmar Rudolf
Das Streichquartett G-Dur op. 76/1 Hob. III. 75 zeugt gleich im tänzerischen ersten Satz mit dem permanenten Wechsel der Hauptstimme zwischen den vier Instrumenten von der satztechnischen Meisterschaft Joseph Haydns. „Gespräch unter vier vernünftigen Leuten“ hat Goethe das genannt. Der zweite Satz wechselt zwischen sonoren choralartigen Passagen, die wie aus der Tiefe der Erde zu kommen scheinen, und fast überirdisch schönen Dialogen zwischen Cello und Violine. In den weiteren Sätzen kommt das Haydn von Zeitgenossen attestierte „hohe Comische“ zu seinem Recht: Durchaus heftig beginnt das Menuett, das eher ein Scherzo ist. Haydn spielt mit den großen Emotionen, nimmt sie nicht ernster als sie es verdienen, wechselt unvermutet zu einem ländlich-sittlichen Trio, um dann plötzlich wieder den Sturmwind loszulassen. Auch den eher beunruhigend hektischen Schlusssatz beschließt er augenzwinkernd mit einem Pizzicato-Spaß. Man hätte das Stück in dieser Interpretation gleich noch einmal hören und „Da capo“ rufen wollen.
Das Stadler Quartett hat am Dienstag (21.4.) im Wiener Saal des Mozarteums auch in den weiteren Werken einmal mehr seine Qualitäten ausgespielt. Transparenz und Ausgewogenheit prägen die Wiedergaben. So durchsichtig, so fern von jedem pathetischen Auftrumpfen trotz aller Intensität und so gleichberechtigt hört man Streichquartett nicht alle Tage.
Natürlich liegen kompositorische Welten zwischen dem fragmentarisch und atonal arbeitenden György Kurtág und Joseph Haydn. Zu verbinden scheint sie ihr Hang zur Verknappung und komischen Effekten: Im Stück „rappel des oiseaux“ zieht Kurtág mit hörbarem Spaß alle spieltechnischen Register der Streichinstrumente. Und beide erreichen eine unglaubliche emotionale Tiefe, ohne je sentimental zu werden. Kurtgs´ Auseinandersetzung mit Janáček, der Schlusssatz „Les Adieux“, ist ein beklemmendes Raunen und Wispern am Rande des Verstummens.
Bei Schumanns Streichquartett A-Dur op. 41 Nr. 3. ist die Querverbindung zu Haydn durch den Komponisten selbst belegt, der sich ausführlich mit dessen Quartetten auseinandersetzte. Das Publikum dankte mit begeistertem Applaus und bekam übrigens mit dem Schlussteil aus dem letzten Schumann-Satz wirklich sein „Da Capo“.