Diese Musik SOLL nicht unterhalten!
JAZZIT / Shanir Ezra Blumenkranz / ABRAXAS
24/04/15 Da steht ein bärtiger Mann auf der Bühne, hat ein Brett mit zwei Saiten umgehängt und das erste was man von ihm zu hören bekommt ist, dass seine Musik keine Unterhaltung bieten wird und auch gar nicht dafür gemacht ist. Ein perfekter Start für ein perfektes Konzert!
Von Florian Wachter
Und dann legt Shanir Ezra Blumenkranz los. Das Brett auf dem er spielt ist ein Gimbri, ein bassartiges Instrument, das vor allem vom afrikanischen Stamm der Gnawa verwendet wird. Was Blumenkranz und seine Band Abraxas allerdings am Donnerstag (23.4.) im JazzIt damit gemacht haben, hatte mit Stammesmusik - außer dem Lärm - wenig gemeinsam.
Und der Lärm war an diesem Abend auch ein integraler Bestandteil des Konzertes. Wie kommts? Alle Stücke, die von Abraxas zum Besten gegeben wurden, sind Kompositionen vom großartigen John Zorn, der in seiner Reihe „Masada Book Two - The Book of Angels“ mittlerweile 24 Tonträger herausgebracht hat, von denen eben einer der Tonträger „Abraxas: Book of Angels Volume 19“ ist.
Und wer John Zorn kennt, weiß auch, dass „Noise“ ein wichtiger Baustein seines Klangspektrums ist. „No foreplay just attack!“ Mit diesen blumigen Worten fegt Abraxas wie ein Wirbelwind über das Publikum. Die New Yorker Band kommt so mühelos von Klezmer zu Punk zu Rock zu Jazz, dass man es oft gar nicht glauben kann. Die Besetzung aus Bass bzw. Gimbri, zwei Gitarren und Schlagzeug gleicht ja auch eher der einer Rockband. Die Spielweisen der beiden Gitarristen Aram Bajakian und Eyal Maoz sind dabei so unterschiedlich aber doch exakt aufeinander abgestimmt, dass man bei geschlossenen Augen meinen könnte, es sei nur eine Gitarre.
Und während der Bass ganz ruhig und repetitiv seine Lines spielt, wechseln sich die Gitarristen mit ihren Soli ab, eines verrückter als das andere. Der schöne, tremoloartige Beach Boys Surfsound, wird innerhalb von zwei Takten abgelöst von schrillen Robotersounds und oktavierenden Endlosschleifen. Und der Schlagzeuger? Ja, der Schlagzeuger Kenny Grohowski ist eine wahre Rhythmusmaschine. Unheimlich schnelles, explosionsartiges Spielen, wechselt sich hier mit ganz viel Gefühl ab.
Und zwischen den einzelnen Stücken erzählt Shanir Blumenkranz allerhand über die Kompositionen, die Arbeit mit John Zorn und seine Gimbri. Mit viel Witz und Humor erklärt Blumenkranz, dass er will, dass sich seine Musik so anhört, als würde man mit einem Auto bei einer Band vorbeifahren. Und dieses schnelle Vorbeifahren, der Fahrtwind und die Musik der Band am Straßenrand, die irgendwann zu Lärm wird, lassen sich auch tatsächlich hören und vor allem spüren.
Die Zeit vergeht wie im Flug, die fesselnde Musik zieht einen in ihren Bann und das schöne an den beiden Sets ist, dass keine einzige Ballade gespielt wird. Nach zwei Zugaben verabschieden sich die Musiker dann leider endgültig, sind aber im Anschluss noch an der Bar zu treffen, wo man sich in gemütlicher Atmosphäre unterhalten kann.
Es hätten noch ein paar Leute Platz gehabt im Jazzit, die Musiker waren sich aber einig, dass es nicht auf die Zahl der Besucher ankomme, sondern auf die „Vibes“ und „Feelings“ ankomme. Und die haben gestimmt!