Todgeweihte rocken länger
ROCKHOUSE / COLOSSEUM
24/11/14 Für selbsternannte „Todgeweihte“ haben sich Colosseum erstaunlich lange gehalten. 45 Jahre nach Erscheinen ihres Debüt-Albums „Those Who Are About To Die Salute You“ füllen die britischen Jazz-Rock-Innovatoren noch immer auf die Hallen – so auch am Freitag (21.11) das Salzburger Rockhouse.
Von Christoph Pichler
Ganz unbeschadet hat die Formation die Zeit leider nicht überstanden. Bereits 2004 verstarb Dick Heckstall-Smith nach langem Krebsleiden, für ihn bläst seither Barbara Thompson ins Saxophon. Mittlerweile hat aber auch die Ehefrau von Schlagzeuger Jon Hiseman schwer mit ihrer Gesundheit zu kämpfen und kann die aktuelle Tournee, die trotz brandneuem Album „Time On Our Side“ die endgültig letzte der Band sein soll, nur dank starker Medikamente bestreiten.
Auf der Rockhouse-Bühne war ihr das allerdings ebenso wenig anzumerken wie den Bandkollegen ihre diversen Altersleiden. Einzig der zwar von Beginn an vorhandene, aber immer dominanter werdende Blues-Einschlag lässt die fortgeschrittene Reife des Sextetts erahnen. So legt man auch in Salzburg erst einmal mit „Walking in the Park“ los, das bereits ihren Erstling eröffnet hat. Auf sortenreinen Blues wartet man dennoch vergeblich. Mit kräftigen Schüssen Jazz und Rock angereichert, schlägt bei Colosseum auch in den langsamsten Klagegesang irgendwann der Blitz ein und bringt ihn zum Brennen. Ihre Nähe zur klassischen Musik demonstrieren die gereiften Rocker am eindrucksvollsten mit ihrer dreisätzigen „Valentyne Suite“, die auch in Salzburg zu den absoluten Höhepunkten des Konzertes zählte, ehe mit einer halbstündigen Zugabe samt exzessivem Schlagzeugsolo-Einstieg noch die letzten Kräfte aufgezehrt wurden.
Bevor er sich ganz allein auf seinem Set austoben durfte und dabei Tempo und Technik in schwere Grooves packte, zeigte Drumer Jon Hiseman seine Qualitäten als Mannschaftsspieler, indem er die ständigen Stimmungswechsel variantenreich einleitete und seine Kollegen mit viel Energie vor sich hertrieb. Zudem wagte er sich mehrmals hinter seinem Dickicht aus Becken hervor, um Chris Farlowe in seiner Rolle als Sprachrohr der Band zu entlasten. Dieser hatte die eine oder andere Ruhepause auch bitter nötig, quetschte er doch seine Stimme immer wieder bis auf den letzten Rest aus.
Einen vergleichsweise gemütlichen Abend verbrachte da Dave Greenslade, der dezent am Bühnenrand platziert wurde und sich nur mit seinem kräftigen Hammond-Sound und seinen wild zuckenden Melodielinien in den Vordergrund drängte. Richtig austoben konnte sich hingegen Dave „Clem“ Clempson, der mit seiner Gitarre aber auch gerne nach Duellpartnern suchte. Den längsten musikalischen Zweikampf lieferte er sich dabei zum krönenden Konzertabschluss mit Bassist Mark Clarke, der sein hartes Tieftönerspiel auch schon mal selbst mit glockenhellem Gesang in höchsten Lagen konterkarierte.
Es war die wohl letzte Chance, Colosseum noch einmal live zu erleben, und das ließ das Rockhouse fast aus seinen Nähten platzen. Entsprechend begeistert zeigte sich das Publikum von der fast zweistündigen Show, die vielen noch lange im Gedächtnis bleiben dürfte.