Brillantes mit Bell und Bax
STIFTUNG MOZARTEUM / KAMMERKONZERT
21/11/14 Der amerikanische Stargeiger Joshua Bell und sein formidabler Klavierpartner Alessio Bax sorgten im Großen Saal des Mozarteums für Ovationen. Beide Musiker reagieren ständig aufeinander und führen beredte Dialoge. Schön, dass Kammermusik wieder mehr Publikum findet, auch wenn der Rang noch geschlossen bleibt.
Von Gottfried Franz Kasparek
Joshua Bell, zuletzt bei der Mozartwoche mit dem Brahms-Konzert zu Gast, ist ein Geiger, der scheinbar keinerlei technische Schwierigkeiten kennt. Wesentlicher für seine Kunst ist aber, mit welch edlem, an sich schlankem, immer wieder aber aufblühendem Ton er spielt, mit welcher Klarheit und stilistischen Souveränität er so unterschiedliche Stücke wie diesmal erfüllen kann. Als Konzept hinter dieser Sonaten-Trias könnte man vielleicht eine Reise durch eineinhalb Jahrhunderte romantischer Ausdruckswelten vermuten – es muss aber nicht jedes Programm dramaturgisch durchdacht sein. Auch solch ein Musik-Mosaik macht Freude.
Der aus dem apulischen Bari gebürtige, in den USA lebende Pianist Alessio Bax ist offenbar nicht näher mit dem britischen Spätromantiker Arnold Bax verwandt. Der Kammermusik gehört seine große Liebe. Die musikalische Partnerschaft mit Joshua Bell ist eine perfekte. Beide Musiker reagieren ständig aufeinander und führen beredte Dialoge. Das ergibt Klangrede im besten Sinn. Bax, auch er am Instrument ohne Fehl und Tadel und dem Steinway mitunter erstaunlich weiche Töne entlockend, kann sich als Begleiter auch zurücknehmen, kehrt aber exakt im richtigen Augenblick und mit dem Geiger gleich berechtigt und gleich gestimmt wieder ins Rampenlicht zurück.
Franz Schuberts A-Dur-Sonate aus dem Jahr 1817 wurde nicht in Richtung späterer Schubert-Abgründe aufgeladen, sondern erklang ganz im klassischen Maß, eher diskret als auftrumpfend, dabei jedoch unverwechselbar idiomatisch und mit wenig, aber wirkungsvoll und passend eingesetztem Vibrato. Ganz anders natürlich Edvard Griegs folkloristische Hochromantik in der ersten Violinsonate in F-Dur op. 8. Wer auch noch der Sololiteratur des 19. Jahrhunderts jegliches Sehnsuchtsschwingen und Herzflimmern – denn dies ist gut eingesetztes Vibrato! – austreiben will, befindet sich ohnehin in einem fundamentalen Irrtum. Und wenn es so wundersam aus der Situation geboren erklingt wie im beseelten, aber nie sentimentalen Spiel Joshua Bells, dann fügt es sich in eine ausgewogenes Gesamtbild von intellektueller Durchdringung und natürlichem Gefühl.
In Sergej Prokofjews erster Sonate in f-Moll waren Bell und Bax dann ganz im Dienste der ernsten Aussage eines Werks, in dem sich unweigerlich die Tragödien des 2. Weltkrieges spiegeln. Einem wachen Komponisten zu unterstellen, in einem zwischen 1938 und 1946 in der Sowjetunion entstandenen Werk bloß absoluter Musik gefrönt zu haben, geht schon gar nicht, wenn im zweiten Satz tiefe, lastende, beklemmende Dunkelheit vorherrscht. Die Interpreten arbeiteten diese verstörende Monotonie ebenso markant und geradlinig heraus wie wahrlich inbrünstige Romantik-Rückblenden und die irrwitzigen Klangkaskaden der schnellen, motorisch tobenden Sätze.
Der Jubel des Publikums war den beiden Künstlern sicher und wurde mit zwei populären Zugaben belohnt. Rachmanninows Vokalise erklang in geziemender, schwelgerischer, doch nie übertriebener Süße. Die stupend, gleichsam selbstverständlich servierte Virtuosität und Brillanz von Sarasates „Introduktion und Tarantella“ hätte dann keine weitere Steigerung mehr vertragen.