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Maria der anderen Art

KULTURTAGE / TANGO-OPER / PHILHARMONIE SALZBURG

20/10/14 1968 aus der Taufe gehoben, dauerte es dreißig Jahre, bis Gidon Kremer die Tango-Oper „María de Buenos Aires“ von Astor Piazzolla wieder zum Leben erweckte. Produktionen in Kiel, Wiesbaden, Berlin, Dortmund, Ulm und München folgten über die Jahre. Elisabeth Fuchs leitete bei den Kulturtagen in der Großen Aula erfolgreich die sehenswerte Österreich-Premiere.

Von Horst Reischenböck

Elisabeth Fuchs bewies mehrmals ihre Affinität zu Astor Piazzolla, etwa mit dessen Gegenstück zu Antonio Vivaldis „Vier Jahreszeiten“. Jetzt fand sie es an der Zeit, sich einmal Piazzollas einziger Oper - von ihm selbst Operíta - „Operchen“ bezeichnet - zuzuwenden. Es gelang mit nachhaltiger Publikumsresonanz, obwohl es einem das Werk, zumindest vom Inhalt her, nicht leicht macht. Trotz anderthalb Stunden Dauer ist „María de Buenos Aires“ nicht als großes Bühnenwerk erdacht. Auch eignen diesem formal einzigartig merkwürdigen Zwitter auch keinerlei Analogien zur Operette kontinental-europäischen Zuschnitts.

Argentiniens Hauptstadt hieß ursprünglich „Ciudad de la Santísima Trinidad y Puerto de Santa María de los Buenos Aires“. Mit einer Heiligen wie der „Maria der guten Lüfte“ hat das Libretto von Horacio Ferrer allerdings nichts gemein. Es ist ein Stoff, der christliche Symbole in nicht immer spontan verständlich Negatives - zumindest aber in tragische Assoziationen beschwörende merkwürdige Bilder - überführt. Obwohl durchaus poetisch wäre so ein Text in früheren Zeiten vermutlich auf dem Index gelandet.

Ein Geist beschwört diese unglückliche María aus der Dunkelheit der Vorstadt herauf. Sie wehrt Liebe ab, führt stattdessen ein sinnloses Leben, das sie in eine Unterwelt führt. Diese ist von Huren und Dieben bevölkert, die María ermorden. Nach ihrem Begräbnis wandelt sie als Schatten durch die Stadt. Ein skurriler Psychoanalytiker versucht, ihr Freudsche Neurosen ob ihrer Eltern zu entlocken. Der Geist will ihr, mit Hilfe von Marionetten, zu Fruchtbarkeit verhelfen und tatsächlich - María gebiert an einem Sonntag. Keinen Jesus, vielmehr ein Mädchen, möglicherweise eine weitere, andere Maria. Ob ihr ein ähnliches Schicksal beschieden sein wird? Das Ende lässt die Frage offen.

Die 16 Bilder dieser etwas kruden Vorlage goss Piazzollas Genie in ebenso viele unterschiedlichste Musiknummern: von Milongas bis zum von ihm kreierten Tango Nuevo, gelegentlichen an Walzer gemahnend und vornehmlich melancholisch. In diesen Nummern dokumentiert sich auch Piazzollas ursprünglich klassisch geschulter Ausbildungsweg, etwa in der faszinierend rein instrumentalen Fugaq y Misterio, angestimmt von Piazzollas ureigenem Bandoneon, der argentinischen Ziehharmonika, der er auch in einem Konzert ein Denkmal setzte. Am Samstag (18.10.) war das Bandoneon in Händen Alfred Melichars die bestimmende Klangfarbe innerhalb der Philharmonie Salzburg. Das Orchester – diesmal in einer Ensemblegröße - zeigte sich einmal mehr musikantisch ambitioniert. Elisabeth Fuchs hat von vorgesehenen 13 auf 16 Ausführende aufgestockt und diese wie immer energisch pulsierend geführt.

Der kargen Szene auf der Bühne der Großen Aula reichten ein paar illustrierende Fotos und wenige Requisiten. In ihnen choreographierte Solotänzer Mathias Beutler mit „Tango Salzburg“ die kühl-erotischen Tanzeinlagen und hielt den Sprechchor der Theater(Off)ensive sowie die drei Darsteller zu wirkungsvoller sparsam gestischer Umsetzung an. In der Titelrolle Mya Fracassini, die mit ihrem Thema „Yo soy Maria“ Erinnerung an Kollegin Milva beschwor. Ihr zur Seite mit einschmeichelndem Tenor Oscar Ovejero in allen Männerrollen. Robert Pienz als kommentierender El Duende bewies sich in argentinischem Spanisch. Gesprochen und gesungen wurde logischerweise original. Jede noch so gute Übersetzung - hilfreich an die Hinterwand projiziert - ginge nicht konform mit der Musik.

Nach eindeutig jubelnder Zustimmung wurde im Foyer noch zu Tango-Tanz eingeladen. Ähnlich wie vielleicht vor Jahrhunderten anschließend an eine Oper zum Menuett gebeten wurde. Aus eigener Erfahrung: Beides probiert kein Vergleich!

„María de Buenos Aires“ bei den Kulturtagen – weitere Aufführungen am 22., 23. und 24. Oktober - www.kulturvereinigung.com

 

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