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Die zwei blauen Augen...

KULTURVEREINIGUNG / SWEDISH RSO / HARDING / CAPUCON

16/10/14 Schweifen durch Finnlands Hain und Flur mit dem Violinkonzert von Jean Sibelius. Und dann jagen und träumen in heimischeren Gefilden mit Mahlers „Erster“: Daniel Harding, der Geiger Renaud Capucon und das Swedish Radio Symphonie Orchestra haben die Kulturtage 2014 opulent und klangsinnlich eröffnet.

Von Heidemarie Klabacher

Das Sibelius-Konzert mag ja ein klingender Themenpark sein, in dem nebelige Gehege voller Wilddruden und Graugnomen sich abwechseln mit Panoramen unirdisch friedlicher Landschaften. Rene Capucon hat jedenfalls den Solopart im Konzert für Violine und Orchester d-Moll op. 47 von Jean Sibelius wie aus einem Guss gespielt: mit klarem, tragfähigem und überaus klangfarbenreichem Ton, unsentimental und expressiv auch in der Kantilene. Damit hat er der überbordenden Vielfalt an Themen und Motiven und Stimmungen Richtung und Ziel gegeben und den in scheinbar freier Assoziation daherkommenden Gedanken erzählerische Stringenz verpasst.

Wie elegant etwa der Übergang von dem beinahe kadenzartigen Solo in das ruhige Tutti der tiefen Bläser im ersten Satz. Wie bewegend der Wechselgesang des Solisten mit dem Holzbläserchoral – besonders auch im zweiten Satz. Hier schienen der Choral der hervorragenden Holzbläser des Swedish Radio Symphony Orchestra und die große Kantilene der Sologeige geradezu zu schweben über dem leise und intensiv pochenden Pizzikato der Streicher. Technisch souverän und musikantisch der Einstieg von Rene Capucon in die Doppelgriffpassage über dem unruhigen punktierten Rhythmus der Streicher. Im dritten Satz hat Daniel Harding das Orchester mit Verve durch die rasch wechselnden Stimmungen toben und Landsknechte, Totentänzer und beinahe „modern-zerrissene“ Gestalten vorüberziehen lassen. Diese pulsierend vorwärts drängende Grundhaltung des Dirigenten und der ausdruckstarke dabei unsentimentale Zugang des Solisten haben dieser Lesart des Sibelius-Konzertes Spannung und Geschlossenheit verliehen.

Ebenso klangsinnlich, wenn auch mit deutlich weniger Verve, hat Daniel Harding mit „seinem“ Swedish RSO am Mittwoch (15.10.) beim Eröffnungskonzert der Kulturtage die „Erste“ Mahler gestaltet. Wild zupackenden präzise artikulierten und spannungsvollen Passagen standen immer wieder kleine Zögerlichkeiten gegenüber: So wirkte etwa das klangmalerische Erwachen der Natur gleich zu Beginn des ersten Satzes eher verhalten. Der Morgennebel schien sich nur langsam lichten zu wollen, auch die durchziehende Jagdgesellschaft schien es nicht wirklich eilig zu haben. Erst mit dem spannungsvoll aufgebauten ersten großen Crescendo kam schlagartig Schwung in die Angelegenheit. Wunderschön ausgemalt: Die Anklänge an das Wunderhorn-Lied „Ging heut morgen übers Feld“.

Das durchaus breit ausgespielte deftige Scherzo-Thema des zweiten Satzes hatte dagegen nichts Geruhsames. Hier hielt Daniel Harding die Spannung unter scheinbar ruhiger Oberfläche. Der bizarre Aufmarsch zu „Des Jägers Leichenbegräbnis“ auf eine Variante des Kanons Bruder Jakob im dritten Satz war ein beinahe manischer Wechselgesang zwischen schriller Zirkusmusik und sanften Klängen aus Böhmens Hain und Flur. Grandios die Klangfarbenvielfalt in Bläsersatz.

Nicht ganz so stringent war etwa der Übergang zum Zitat aus dem nächsten Wunderhornlied: „Die zwei blauen Augen von meinem Schatz“ blickten zunächst ein wenig verloren, bis sich der Streicherklang wieder konsolidieren und überirdisch schön, wie es sich gehört, ersterben konnte. Von wirklich außerordentlicher Intensität war der - von einem kaum hörbaren metallisch flirrenden Tremolo – vorbereitete triumphale Ausbruch im Finale. Eine „Erste“ Mahler mit vielen klanglichen und musikantischen Höhen.

Die Konzerte der Kulturvereinigung und das Programm der Kulturtage 2014 - www.kulturvereinigung.com

Bild: www.danielharding.com

 

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