Der Grabstein mit den Tanzmotiven
CAMERATA SALZBURG / ZYKLUS-AUFTAKT
14/10/14 „À la français“ erschien das Programm der Saisoneröffnungskonzerts der Camerata Salzburg : Ravel, Debussy und der (französisch inspirierte) Mozart funkelten und strahlten, geputzt vom Chefdirigenten Louis Langrée im Großen Saal des Mozarteums.
Von Christiane Keckeis
Ravels Orchestersuite „Le Tombeau de Couperin“ (Das Grab des Couperin) feiert ganz gegen den gruftigen Titel die Lebendigkeit und den Esprit jenes französischen Barockkomponisten in Tänzen, die zwischen berückenden Melodien und Harmonien und sprudelnden Skalen, Figuren und Verzierungen eine faszinierende Symbiose schlagen (dem Dramaturgen sei gedankt für die wunderbaren Texte im Programmheft). Die Camerata poliert den Gedenkstein Couperins und lässt ihn funkeln. Im Prélude beginnt die Oboe(herauszuheben: Matthias Bäcker) mit einem beweglichen Fluss, in den die anderen Instrumentengruppen einsteigen, ganz natürlich, leicht, nichts hemmt, kein unnötiges Wollen, keine Manierismen. Langrée fordert Leichtigkeit, Transparenz, elegante Natürlichkeit – und bekommt sie. Die dynamisch hohe Diffizilität erzeugt Lebendigkeit, das Ausreizen des dynamischen Spielraums lässt beeindruckende Steigerungen zu und führt immer wieder zu spannungsvollen Momenten (wundervoll wie am Ende des Préludes die Musik wie ein Schwarm Vögel im fernsten Pianissimo entschwindet). Langrée hat ein Gefühl für Scherz und Ironie, was die Musizierenden nicht nur im zweiten Satz, der Forlane, lächelnd herausarbeiten - aber auch pastorale Idylle, pastose Klangflächen wie im Menuett oder Herzhaftigkeit wie zum Beginn des Rigaudon machen den Zuhörenden Freude . Louis Langrée schöpft mit seinem Orchester die gestalterischen Möglichkeiten zur Gänze aus – und das sind eine Menge!
Und auch Mozarts Klavierkonzert C-Dur erfährt einen lebendigen Gestus fernab der Routine und der nicht hinterfragten Phrasen: Die Camerata zeigt viel Freude an Details, an frischer Phrasierung und das Spektrum reicht von majestätischer Pracht über lyrische Meldodieführung bis hin zur heiteren Leichtigkeit. Mit dieser gestalterischen Bandbreite mitzuhalten, fällt dem jungen Solisten nicht leicht. Jan Lisiecki, gefeiertes Ausnahmetalent der Sparte Wunderkind, ist zweifellos ein hochvirtuoser Pianist mit musikalischen Vorstellungen, technisch mehr als souverän, die Läufe sind stupend, sein Anschlag tendiert zum Markanten, Direkten. Lisieckis Mozart-Interpretation wirkt ein wenig glatt, direkt, wenig hintergründig. Aber am Wunschkonzert-Andante mit der schwebenden Melodie, deren lyrische Linie im Klavier wirklich schwer darzustellen ist, haben sich schon Größere die Zähne ausgebissen...
Mitreißend im Miteinander gelingen Debussys Danses für Harfe und Streichorchester, ganz sensibel ist die Harfe eingebettet in das Kammerorchester, das reich an Klangfarben mit der hervorragenden Harfenistin Ulrike Mattanovich in Dialog tritt und wieder begleitet. Wunderschön.
Zum guten Schluss noch einmal Langrées musikalisches Ideenfeuerwerk anhand von Mozarts „Pariser Symphonie“: Es ist schön zu beobachten, wie der Dirigent mit elegant-leidenschaftlicher Körpersprache ein wenig magisch dem Orchester seine Bilder vermittelt: Haltung, Farbe, Spannung übertragen sich direkt, die Musizierenden reagieren unmittelbar und mit sichtbarer Freude. Nichts ist routiniert, alles frisch und neu, transparent, stilistisch sauber. Herrlich, wie Mozarts Überraschungseffekte zur Wirkung gebracht werden. Kleine und Hoppalas sind angesichts so vieler musikalischer Detailarbeit verzeihlich. Da macht das Zuhören Spaß! befanden die Zuhörenden im vollbesetzten Auditorium und folgten gern der Einladung zum anschließenden Umtrunk.