Karfreitagszauber im November
UNI MOZARTEUM / BLÄSERPHILHARMONIE
21/11/11 Die „Bläserphilharmonie Mozarteum Salzburg“ ist immer für Überraschungen gut. Da kann es passieren, dass sich Musik zum Karfreitag in den Advent verirrt. Noch dazu unter dem skurril unpassenden Titel „Galactic Brass“. Vom „Krieg der Sterne“ war nämlich wahrlich nichts zu vernehmen.
Von Gottfried Franz Kasparek
Dany Bonvin, Posaunenprofessor am Mozarteum, stand am Samstag (19.11.) im Großen Saal des Mozarteums am Dirigentenpult und feuerte das Blech so mächtig an, dass einem mitunter die Ohren wackelten. Zu hören waren in aller Deutlichkeit und oft übersteuernd ein „Earl of Oxford’s March“ von William Byrd, Canzonen Giovanni Gabrielis, die Bach-Passacaglia in c-Moll für acht Posaunen, ein mächtig und pathetisch anschwellender Einzug der Johanniter-Ritter aus der Feder von Richard Strauss, eine festliche Fanfare des österreichischen Spätromantikers Alfred Uhl und köstlich Jazzig-Alpines des unvergessenen Werner Pirchner.
Wann erlebt man diese feinen „Schmankerln“ aus der Bläserküche schon? Schon gar ein Werk von Henri Tomasi, hierzulande ein rarer und unterschätzter Außenseiter der Moderne. Tomasi stammte aus Marseille und schrieb eine farbenreiche Musik, die immer wieder auf seine korsische Abstammung verweist. So auch die prachtvollen „Fanfares Liturgiques“, welche den ganzen archaischen Zauber südlicher Karfreitags-Prozessionen in magische Klänge bannen.
„Via Crucis – Übermalungen nach den XIV Stationen des Kreuzweges von Franz Liszt“ nennt Ernst Ludwig Leitner seine stimmige Hommage an den Jahresregenten 2011, die in diesem Konzert ihre gefeierte Uraufführung erlebte. Die von des Komponisten Tochter Bettina Leitner temperamentvoll und kompetent gespielte Orgel, Pauken und 12 Blechbläser ergaben eine ebenso nuancenreiche wie weihevolle Klangkulisse. Spannend, wie Leitner die radikal reduzierte Musik des späten Liszt kleinteilig verwendet, um sie phantasievoll weiterzuführen. Dabei entsteht kein Arrangement, sondern eine in sich stimmige, spirituelle Meditationsmusik originellen Charakters, die sich nicht scheut, mit reiner Melodik und profunder Rhythmik zu arbeiten. Lohnend wäre es, Leitners Stücken jeweils Liszts musikalische Stationen für Chor, Solestimme und Orgel gegenüber zu stellen, möglichst aufgeteilt in einem sakralen Raum. Die nächste Karwoche kommt bestimmt!
Natürlich ist es legitim, Musik zu bestimmten Hochfesten auch zu anderen Zeiten zu spielen. Advent und Weihnacht tönen ohnehin schon viel zu früh aus allen Lautsprechern. „Alles was atmet, lobe den Herrn, Halleluja“ endet der 150. Psalm und der passt immer. Auch in Ernst Ludwigs Leitners Version der Vertonung von Anton Bruckner, ebenfalls für Orgel, zwölf mal Blech und Pauke. Eine effektreiche, mitunter paraphrasierende Fassung, die ebenfalls erstmals erklang.
Mit einer Bluesnummer und alpenländisch andachtsvoll entließen die sicht- und hörbar hoch motivierten Musikerinnen und Musiker das Publikum in die kalte Nebelnacht. Wie schön ist die Musik – und wie schön kann die Stille danach sein.