Debüt in eigener Sache
MOZARTEUMORCHESTER / BOLTON / LARCHER
18/11/11 Gesundheitlich angeschlagen, konnte Ivor Bolton am Donnerstag (17.11.) nicht das ganze Programm für das Zykluskonzert des Mozarteumorchesters einstudieren. So schwang Thomas Larcher bei seinem eigenen Violinkonzert erstmals selber den Taktstock. Solistin war Isabelle Faust.
Von Horst Reischenböck
Fasching ist seit 11. 11. 11 Uhr 11. Machte deshalb Robert Schumanns C-Dur-Fantasie für Violine und Orchester den Anfang? Die „Narrenzahl“ 11 soll darin eine gewichtige Rolle spielen: So viele Takte umfasst das Orchestervorspiel, so viele Takte die Überleitung und ebenso viele das Zwischenspiel nach dem zweiten Thema in a-Moll, das in Ludwig van Beethovens Sonate op. 13 derselben Tonart sein Vorbild hat. Das Hauptthema wiederum zitiert verfremdend den stets zu Karnevalssitzungen im Rheinland gespielten „Narhalla“-Marsch von Carl Zulehner. Den hat Robert Schumann von Düsseldorf her wohl gekannt. Joseph Joachim hat das Stück für sich bearbeitet, aber nicht oft aufgeführt.
Auch heute vegetiert die Fantasie op. 131 eher am Rande des Repertoirs, vielleicht weil mit 15 Minuten Spieldauer solistisches Können nicht hinlänglich demonstriert werden kann. Gaststar Isabelle Faust kümmerte das nicht: Sie hat sich, von Ivor Bolton assistiert, dem virtuosem Anspruch vehement und wirkungsvoll entgegengestemmt.
Danach spielte Isabell Faust die Salzburger Erstaufführung von Thomas Larchers Konzert für Violine und Orchester, das sie 2009 in Wien aus der Taufe gehoben hat. Thomas Larcher ist heuer „Composer in Residence“ sowohl beim Mozarteumorchester, als auch im Wiener Konzerthaus, wo sein Doppelkonzert uraufgeführt wird. Als Pianist wird er mit dem Mozarteumorchester im April wieder in Salzburg zu hören sein.
Larcher also dirigierte Larcher und erspielte sich zusammen mit Isabelle Faust einen spontan bedankten Publikumserfolg. Kein Wunder, erweckt dieses Konzert eine Vielzahl bildlicher Vorstellungen: Diese Musik basiert auf einfachstem Material von auf- und absteigenden Skalen von Einzeltönen oder Glissandi. Eine hingebungsvolle, zart schwebende Einleitung. Flageolett-Klänge, die über der Begleitung singen. Ein langsamer Ländler als Einstieg in den zweiten Teil, der ähnlich einer Passacaglia anhebt, um dann im explodierenden Schlagwerk in Abgründe einer Naturkatastrophe zu führen und letztlich mit Vogelgezwitscher zu verdämmern.
Der Komponist Thomas Larcher stand damit erstmals vor einem Orchester - dem er in den Proben seine Ideen nachdrücklich zu vermitteln wusste: zusammen mit der einfühlsam engagierten Solistin war’s damit eine authentische Interpretation, die man gern sofort ein zweites Mal gehört hätte!
Ivor Bolton wiederum widmete sich nach der Pause erneut freudig Franz Schubert, der heuer programmatisch alle Abende umspannt: einmal schwungvoll mit dessen Ouvertüre zum melodramatischen Spektakel „Die Zauberharfe“ D 644, das Schubert auch dem Schauspiel „Rosamunde“ vorangestellt hat. Danach Schuberts „Sechste“, die kleine C-Dur-Sinfonie D 589. Ein Hörvergnügen etwa das Scherzo, das ein melodienseliges Potpourri volkstümlicher Praterszenen assoziiert.