Durch die Tonarten und ihre Emotionen
BACHGESELLSCHAFT / FLORIAN BIRSAK
21/11/11 Nach den „Goldbergvariationen“ im Vorjahr gestaltete Florian Birsak Samstag (19.11.) nun im Solitär der Universität Mozarteum ebenso erfolgreich bedankt den ersten Teil von Johann Sebastian Bachs Wohltemperiertem Klavier.
Von Horst Reischenböck
Bis zur Wiederaufführung der „Matthäuspassion“ war Bach durchaus nicht so vergessen, wie es die Legende lange Zeit vermittelte. Gerade das gerne so bezeichnete „Alte Testament“ des Klavierspiels, der erste Band durch alle 24 Tonarten hindurch, war beispielsweise Joseph Haydn bekannt. Beethoven spielte aus dem „Wohltemperierten Klavier“ und Chopin konnte die Präludien und Fugen auswendig. Goethe wiederum schrieb Zelter nach erstmaligem Hören, es war ihm, „als wenn die ewige Harmonie sich mit sich selbst unterhielte…“
Er hat wohl nicht Alles in einem Atemzug durchgehört. Das war und ist immer noch absolut fordernd. Nicht bloß für den Interpreten, sondern auch für das Auditorium, das sich nach der Pausenzäsur dann doch etwas lichtete. Bach wäre vermutlich selbst überrascht gewesen, dass alles, was er hier laut Titelblatt „Zum Nutzen und Gebrauch der Lehr-begierigen Musicalischen Jugend, als auch derer in diesem Studio schon habil seyenden besonderem ZeitVertreib auffgesetzt“ hatte, einmal zyklisch als Ganzes ausgeführt werden würde.
An der grandios dokumentierten „Einheit in der Mannigfaltigkeit“ haben sich bis in jüngste Vergangenheit immer wieder große Pianisten gemessen. Florian Birsak, längst Lokalmatador in Sachen historischer Instrumente, spielte am Nachbau eines doppelmanualigen Cembalos nach flämischem Vorbild, dessen Klangmöglichkeiten er sowohl glanzvoll aufrauschend wie subtil differenzierend nutzte. Nicht zuletzt, um die kontrapunktischen Feinheiten der jeweiligen Fugen bis in deren Fünfstimmigkeit hinein plastisch durchformt zu vermitteln.
Den so unterschiedlich wie auch der alten Tonartencharakteristik entsprechend emotional gefärbten Präludien gab Birsak nachhaltig Ausdruck: vom ersten, populären C-Dur-Vorspiel über die Nachdenklichkeit des cis-Moll weiter in das fast wie eine Etüde anmutende Perpetuum Mobile in D und in die dreistimmige E-Dur-Invention hinein. Wunderschön, tief ausgelotet davor die Aria (es-Moll) wie auch dann später die unaussprechlich tiefe Traurigkeit des b-Moll-Satzes. Florian Birsak ist ein unprätentiöser Gestalter.
Technisch perfekt artikulierte er die Triller im g-Moll-Präludium und er versagte es sich nicht, das schwebend-tänzerisch Geprägte des gis-Moll-Abschnitts gleichsam „swingend“ aufzubereiten.