… dass Musik zum Leben gehört
INTERVIEW / 30 JAHRE MUSIK FÜR JUNGE LEUTE
08/04/11 „Musik für junge Leute“ war eine der ersten Konzertreihen für Kinder in Österreich. Heute „boomt“ die Szene, eigene Kinder- und Jugendschienen gehören zum guten Ton für Kulturveranstalter: „Was sehr erfreulich ist. Wir haben ja alle Interesse daran, dass unsere Musikkultur weiter gepflegt wird.“ Das sagt Albert Hartinger, Gründer und Leiter der Salzburger Bachgesellschaft und Initiator der „Musik für junge Leute“. „Ich finde, man kann nicht genug tun.“
Von Heidemarie Klabacher
Eines ist dem Konzerveranstalter, Sänger und Pädagogen Albert Hartinger - vor allen professionellen Angeboten - besonders wichtig: „Dass die Kinder in einer musikalischen Umgebung aufwachsen, dass den Kleinkindern ein Schlaflied vorgesungen wird, dass mit den Kindern gesungen wird, dass Musik einfach zum Leben gehört.“
Er habe einen „Vorbehalt dagegen“, dass musikalische Erziehung und Bildung etwa zum Zweck der Intelligenzförderung der Kinder betrieben wird: „Musik muss einen Wert an sich haben. Man braucht keine Rechtfertigung dafür, dass man Kinder mit Musik in Berührung bringt.“ Natürlich weisen Studien den positiven Einfluss von Musik und Musizieren auf die Entwicklung der Kinder nach. Er finde es dennoch bedenklich, so Albert Hartinger, wenn Musikunterricht mit solchen Zweckgedanken im Hinterkopf erteilt wird. „Musik - anspruchsvolle Musik natürlich, nicht das, was uns an allen Ecken und Enden als Klangkulisse umgibt - Musik bereichert das Leben. Das ist Grund genug.“
Musik für junge Leute, gespielt von möglichst jungen Leuten: Das ist das Grundkonzept, das sich bereits seit drei Jahrzehnten bewährt. „Wichtig ist uns, dass die Konzerte immer moderiert sind, und dass das Publikum immer etwas zu tun bekommt.“ Mitsingen, mitklatschen, Höraufgaben lösen, das gehört dazu: „Ein Motiv wird zuerst vorgestellt, und wenn es im Stück wieder kommt, geben die Kinder Zeichen.“ Blockflöten waren schon mitzubringen, aber auch Löffel und Gabel: „Das war für ein wunderbares perkussives Concerto grosso.“
Ganz wichtig: „Es sind Konzerte für Kinder und Eltern. Alle kommen freiwillig und werden nicht abkommandiert, nicht von der Schule oder von sonst jemandem.“ Die Auslastung stimmt dennoch: „Wir machen, wie fast alle Veranstalter, die Erfahrung, dass sich die Menschen immer kurzfristiger entscheiden - aber im entscheidenden Augenblick sind alle da.“
Die „Musik für junge Leute“ richtet sich an Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren. Daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern: „Wir haben wohl immer wieder auch Angebote für Teenager, wie etwa das Projekt mit dem European Union Baroque Orchestra, das sehr gut angenommen wurde.“ Aber das seien Sonderprojekte. „Es ist reizvoll, für diese Altersgruppe Konzerte zu machen“, so Albert Hartinger. „Aber da sind der Bachgesellschaft auch vom Budget her Grenzen gesetzt. Das geht nur viel mit Idealismus.“ Wie auch beim Jubiläumskonzert „30 Jahre Musik für junge Leute“ am Samstag (9.4.): „Alle Mitwirkenden widmen ihr Honorar der Bachgesellschaft.“
Mit diesem Jubiläumskonzert blicken Albert Hartinger und sein Team zugleich in Zukunft und Vergangenheit. Für die Gegenwart stehen die Kinder, die immer schon mit ihren Eltern kommen, die selber schon als Kinder dabei waren…
Wie hat alles angefangen? „Es gab damals die Reihe ‚Für Kinder und Kenner’ im Wiener Konzerthaus, mit dem Wiener Kammerorchester und Herbert Prikopa, ins Leben gerufen von Hans Landemann.“ Er, so Hartinger, habe das für eine sehr gute Idee gehalten. Und dann ging alles beinahe wie von selbst: „Bruno Steinschaden hatte in Salzburg das Leopold Mozart Jugendorchester gegründet. Die sind gefragt worden, ob sie ein Benefizkonzert spielen wollen für die Kinder in einem Indianerdorf in Peru. Und Bruno Steinschaden hat bei der Bachgesellschaft gefragt, ob sie dieses Konzert nicht veranstalten könnte...“
Auf dem Programm damals: Leopold Mozarts „Kindersinfonie“, ein Konzert von Vivaldi und die „Happy Suite“ von Viktor Fortin. Das Konzert sei ein großer Erfolg gewesen, er habe hautnah die Begeisterung der Kinder erlebt und sich gedacht: „So sollten Konzerte für Kinder ausschauen: junge Leute spielen für junge Leute.“
Dass aus vielen „seiner“ jungen Interpreten Weltstars geworden sind, erzählt Albert Hartinger gerne und mit Stolz: „Benjamin Schmid war noch keine zehn Jahre alt, als er mit „Beni & Co.“ - seinen Geschwistern - bei uns aufgetreten ist.“ Franz Möst - damals noch nicht Welser-Möst - hat als Neunzehnjähriger „Peter und der Wolf“ dirigiert. „Martin Grubinger war zwölf, wie er bei uns war.“
Die Dramaturgie des Jubiläumskonzertes spiegelt diese Geschichte: Das Orchester des Musischen Gymnasiums spielt die Kindersinfonie. „Das hat auch mit dem Leopold Mozart Jugendorchester zu tun, viele Mitglieder waren damals Schüler des ‚Musischen’." Benjamin Schmid spielt als Special Guest Sarabande und Bourée aus der Partita in h-Moll (BWV 1002) von Johann Sebastian Bach. Zwei ganz junge Solisten (Felix Gutschi und Leopold Eibensteiner) werden auftreten - und eine Uraufführung wird es geben: „Viktor Fortin, dessen ‚Happy Suite’ beim ersten Konzert auf dem Programm stand, hat im Auftrag der Bachgesellschaft die Suite ‚Alice im Wunderland’ geschrieben.“