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Wildwest und Hallelujah?

UNIVERSITÄT MOZARTEUM / KRENEK-OPER

06/03/11 Ernst Krenek nannte seine 1950 komponierte Oper ein „Revolverstück, das mit den wohlbekannten Elementen des Wildwest-Dramas operiert“. Widerspruch ist da vorprogrammiert: „Dark Waters“ erlebte als Produktion der Abteilung für Gesang der Universität Mozarteum seine Österreichische Erstaufführung.

Von Erhard Petzel

Der Plot könnte ein Krimi sein wollen: Zwei Männer auf einem Boot mit einer Frau, zwei Verbrecher wollen ins Geschäft kommen, ein leichtes Mädchen schneit von oben herein und verursacht hormonbedingte Komplikationen mit Todesfolge, der Kommissar verduftet als Nebenrolle.

Man hört aber anderes, der Text imaginiert andere Assoziationen. Auf einem Kutter wird Phil (Philipp Schausberger) von Joe (Oddur Jonsson) unterdrückt, der sich nach Aufregung sehnt. Deshalb lässt er sich zum Leidwesen Claires (Reinhild Buchmayer) mit zwei Banditen (Martin Summer, Alexander Hüttner) ein, die ihm den Auftrag geben, ein Kästchen mit Diamanten zu schmuggeln. Das sieht aber ein seltsam abgehobenes Girl (Katrin Bulke), das plötzlich an Deck platzt und die weitere Handlung bestimmt.

Es verdreht beiden Männer den Kopf und unterwirft sich scheinbar den Wünschen dessen, der sich ihm zuwendet. Selbst Claire projiziert darauf ihre Hoffnung, dass es Joe von seiner kriminellen Energie abbringen möge. Das Girl aber entwendet einen Diamanten, als Joe das offene Kästchen an Deck liegen lässt. Große Krise, als Joe das später bemerkt. Kurz vor Übergabe des Kästchens an die Gangster löst sich im Handgemenge ein Schuss aus Joes Pistole und tötet das Mädchen.

Warum kein Western? Weil das Mädchen unbestimmt zwischen Engel und Dirne schwebt und damit an Figuren wie Lulu erinnert. Weil es zwar zunächst fassbar zu werden scheint, als entsprungene Millionärstochter Dolores Mendoza sich aber erst recht dem Zugriff entzieht, wenn dieser Millionär seinerseits ins Metaphorische wegtaucht. Die gesamt Diamanten-Schiebe-Aktion ist nur ein Test, es sind Glassteine. Der Tod als Folge der Angst Joes, dem Auftrag nicht gerecht zu werden, ist völlig sinnlos geworden.

Gut sanglich die Linien, gut verständlich der deutsch gesungene Text, nachromantisch und oratorienhaft der Gestus in der Klavierbegleitung, präsentierte sich Kreneks Einakter am Freitag (4.3.) bei der Premiere als kompaktes und unkompliziert zu konsumierendes Werk. Die Symbolebene über der Revolvergeschichte wird im schwarzen Kleinen Studio durch ein schwarzes Schiffsdeck und die schwarzen Kostüme verstärkt. Diese Monochromie wird belebt durch Licht und Spiegel und kontrastiert im leuchtend weißen Bauschekleid des Mädchens.

Krenek, der hier für amerikanische Verhältnisse komponiert, vermeidet Sentimentalität, aber auch großgestige Gefühlsausbrüche. Figuren und Musik bleiben seltsam distanziert und verdichten den Trend zum Allegorischen. Die jungen Sänger überzeugen in ihren Rollen zwischen der Dramatik realer Figuren und allgemeiner Symbolik, wobei der Bass des Kontrollors (Manuel Millonigg) und der Sopran des Mädchens aus dem allgemein homogenen Stimmklang ausscheren und die besondere Position dieser Figuren betonen. Die Gesamtleitung hat Michael Hornig, für Bühne und Kostüme zeichnet Susanne Leitner, für die musikalische Einstudierung und Leitung: Adriaan de Wit.

Mit ihrem depressiven Moralisieren nimmt die Kontrolle kafkaeske Züge an, ohne als behördlicher Akt wirksam zu werden. Wenn über allem der große Chef steht, wird dies eine Gottesmetapher im Gangstermilieu, spätestens, wenn der gescheiterte Joe den dringenden Wunsch äußert, ihn zu sehen. Sein Schiff aber wird das Ziel nicht erreichen.

Eine weitere Aufführung gibt es heute Sonntag (6.3) um 19 Uhr im Kleinen Studio der Universität Mozarteum - www.uni-mozarteum.at

 

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