Talent, Technik und Temperament für Tschaikowsky
JUNGE PHILHARMONIE / SMIRNOVA
25/11/10 Mächtig tönten die berühmten Hörnerrufe und der klangintensive Orchestersatz am Beginn von Tschaikowskys Klavierkonzert b-Moll op. 23 in den Großen Saal des Mozarteums und signalisierten sofort die wache Intensität und Spielfreude, mit der die Junge Philharmonie Salzburg und ihre Dirigentin Elisabeth Fuchs Tschaikowskys erstes Klavierkonzert und seine „Vierte“ gestalteten.
Von Elisabeth Aumiller
Temperamentvoll bot die Pianistin Lisa Smirnova sogleich dem Orchester Paroli und ging mit furiosen Akkorden den Dialog mit den Orchesterfluten ein. Smirnova hatte wahrlich alle Hände voll zu tun, um den höchst virtuosen Anspruch des Klavierparts einzulösen. Da hatte sie jedoch keine Probleme damit. Sie erwies sich als brillante Technikerin, die mit atemberaubender Virtuosität ihre Finger über die Tasten sausen ließ und mit donnernden Oktaven beeindruckte. In die Kadenzen brachte sie Stimmung ein und ließ im Andantino auch den lyrischen Momenten Raum. Mit filigraner Beweglichkeit sorgte sie für funkelnde Ornamentik und gab schließlich dem russischen Kolorit Nahrung. Ihr Talent und Können konnte sie in diesem Vorzeigestück für pianistische Fähigkeiten überzeugend unter Beweis stellen.
Fuchs betonte das romantische Element der Musik, kostete aber ebenso die orchestralen Möglichkeiten der relativ großen Orchesterbesetzung aus, die sich mit markant harten Tuttischlägen nicht zurückhielt. Da wurde im ersten Satz das Klavier stellenweise zugedeckt, aber insgesamt war die Dirigentin in guter Koordination mit dem Klavierpart. In reicher dynamischer Bandbreite setzte sie immer wieder auch auf zarte Tongebung und ließ die Gefühligkeit und die melodischen Feinheiten nicht zu kurz kommen.
Diese Linie verfolgte Fuchs auch in der 4. Symphonie f-Moll op. 36. „Schicksalhaftes“ gab Tschaikowsky dieser Symphonie mit auf den Weg. So hörte man einen steten Wechsel zwischen imposantem Klangrausch und träumerisch sehnsüchtiger Melodik, aber auch schlichter Empfindung im Volkston. Fuchs setzte die verschiedenen Stimmungselemente eindringlich gegeneinander ab. Mit klarer Zeichengebung und präzisen Einsätzen erzielte sie mit relativ sparsamer Gestik große dynamische Wirkungen. In den Musikern stand ihr ein bestens formbares Instrumentarium zur Verfügung. Prägnant meldeten sich die Holzbläser mit ihren Soli zu Wort und die Schlagwerkbatterie sowie die Blechbläser hatten natürlich hier das große Sagen und steuerten eindrucksvolle Effekte bei. Die Streicher brillierten nicht nur mit feinem Pizzicato, sondern auch mit melodisch schwelgerischer Kantabilität.
Die Präsenz der Musiker und ihr Wille, Außerordentliches zu leisten waren deutlich spürbar und zeitigten ein klangopulentes Konzerterlebnis, das fern der Routine den Zuhörern Freude an der Musik bescherte. Der Applaus fiel entsprechend aus und erklatschte sich als Zugaben Tänze von Tschaikowsky und Brahms.