Ein Mosaik aus kostbaren Stimmungsbildern
WIENER SAAL / CORA BURGGRAAF
17/11/10 Eigentlich hätte sich die niederländische Mezzosopranistin Cora Burggraaf bereits im November 2009 als Liedersängerin den Salzburgern präsentieren sollen. Jetzt, ein Jahr später, holte sie den damals ausgefallenen Liederabend nach. Sie wurde begleitet von Christoph Berner.
Von Elisabeth Aumiller
Bei den Festspielen hatte sie im vergangenen Sommer zum wiederholten Mal als Page Stéphano in der Gounod-Oper „Romeo et Juliette“ stimmlich und darstellerisch auf sich aufmerksam gemacht. Nun profilierte sie sich als Liedersängerin par excellence.
Von der ersten bis zur letzten Note vermochte Burggraaf mit ihren außerordentlichen gestalterischen Fähigkeiten zu fesseln, Spannung zu erzeugen und unmittelbar zu berühren. Mit einem breiten Spektrum an Ausdrucksnuancen und tonmalerischem Farbenreichtum ließ sie jedes Lied zu einer bildhaften Szene, einem expressiven Minidrama oder einem gefühlvollen Stimmungsbild werden. Mit hell glänzendem Timbre verfügte ihr schlanker Mezzosopran dennoch über eine warm gesättigte Tiefe und Mittellage, dazu einen perfekten Lagenausgleich. Ihr Stimmeinsatz klang mühelos und mit technischer Meisterschaft geführt. Mit nahtlosen Übergängen formten Crescendi und Decrescendi eine fließende musikalische Linie. Das Mitlesen des Textes erübrigte sich, da wirklich jedes Wort deutlich verständlich war ohne überartikuliert zu wirken. Jede Nuance war erfühlter Ausdruck, nie sentimental, sondern lebensvolle Emotion.
Mit schlichter Natürlichkeit macht Cora Burggraaf Mozart-Lieder zu filigranen Kabinettstücken. Beim „Veilchen“ spürte man den leichten Schritt der jungen Schäferin ebenso wie das Trauern und die gleichzeitige Freude des sterbenden herzigen Veilchens. Ein lieblich vorbeiziehender Frühlingsduft umgab den „Zauberer“ und brennende Leidenschaft die Liebesbriefe verbrennende Luise, während die „Abendempfindung“ zum verklärten Abschied von der Erde wurde.
Kompakter dann der Stimmeinsatz bei Robert Schumanns Gedichten der Königin Maria Stuart op.135. Eindringlich gestaltete Burggraaf diesen relativ selten gesungenen Zyklus, in dem Abschiedsstimmung, Lob Gottes, schmerzliches Aufbegehren aber auch Hingabe an Gott zum Ausdruck kommen und den sie mit einem verinnerlicht flehenden Gebet endete. Ganz romantisch empfindsam ging die Sängerin die Brahmsgesänge an. Ein verliebter Traum war das Ständchen und zarte Frühlingsluft streifte die „Äolsharfe“, bei der man das geheimnisvolle Saitenspiel auf der alten Terrasse förmlich spürte und bildlich vor sich sah. Voller Geheimnis und Melancholie „Wie rafft ich mich auf“ und „In stiller Nacht“.
Nach der Pause eine wieder neue Ausdrucksfacette mit Ravels „Histoires naturelles“. Charmant, mit einem pfiffigen Schuss Ironie ließ die Sängerin die symbolhaften „Tiergeschichten“ mit ihren Eitelkeiten und liebenswerten Verhaltensweisen „glorreich“ Revue passieren.
Verwandlung total dann bei Kurt Weill: aus der feinsinnigen Liedgestalterin wurde im Nu die lasziv und verrucht deklamierende Chansonnette, die damit erneut ihr Publikum um den Finger wickelte, so vielgestaltig wie sie den „Abschiedsbrief“, „Nannas Lied“ „Youkali“ oder „Je ne t’aime pas“ zu servieren verstand. Mit der Zugabe der „Seeräuber- Jenny“ schaffte sie sich einen brillanten Abgang, dem sie noch das schlichte Brahms-Volkslied „Da unten im Tale“ ganz lieb und gefühlig hinterherschickte.
Christoph Berner am Flügel war ein fantasievoller Begleiter, der sich ebenso stilistisch versiert zeigte, Brillanz und dynamische Schattierungen einbrachte, bei Ravel die impressionistischen Farben zum Glänzen brachte, aber doch in erster Linie die Sängerin regieren ließ.