Mars bzw. Beatles im Krebs
OENM / FINGERPRINTS
12/10/10 Zum Kriegsgott Mars gehört das Eisen, das Waffenmetall (genau wie das Spiegelmetall Kupfer zu Liebes- und Schönheitsgöttin Venus). Solche antiken Zuordnungen schlagen sich bis heute in der Kunst nieder - und hinterlassen sogar in der zeitgenössischen Musik ihre „Fingerabdrücke“.Von Heidemarie Klabacher
So dominierten metallisch harte Klänge und unbarmherzig dahinmarschierende Rhythmen das zweite Konzert des Österreichischen Ensembles für Neue Musik im Zyklus „Fingerprints“. Die Konzerte werden jeweils von einem Komponisten programmiert, das Motto „Metal Consciousness“ wählte der Komponist und Gitarrist Manuel de Roo für seinen klingenden Fingerabdruck. Er selber griff dabei zu E-Gitarre und ließ sich am Freitag (8.10.) in der ARGE zu rauen Tönen hinreißen: Heavy Metall sei etwas gewesen, von dem er bisher nichts mitbekommen hatte, und auch nichts mitbekommen wollte, so de Roo in seiner Einführung. Erst in letzter Zeit habe er erkannt und zur Kenntnis genommen, „dass es Menschen gibt, die gute Gründe haben, sich mit so etwas zu beschäftigen“.
Es klingt tatsächlich beeindruckend, wenn „klassische“ zeitgenössische Komponisten mit ihren musikalischen Mitteln sich die harten metallenen Sounds „anverwandeln“. Im Streichquintett „Tessalation Row“ von Eliot Sharp, einem E-Gitarristen der New Yorker Down Town-Szene, seien die „geraden Obertöne“ der Instrumente verstärkt worden, erklärte Manuel de Roo nach der mitreißenden Aufführung durch das OENM.
Energie pur, war das: Die Streichinstrumente, unpräpariert und ganz traditionell gespielt, vermittelten dennoch einen geradezu beängstigend harten Sound. Was also der Oberton-Verstärkung zu danken war. Auch wenn die Dynamik sich immer wieder in Flageolets von Cello oder Bass kanalisierte, raste die rhythmische Energie als sich immer veränderndes und variiertes musikalisches Element weiter. Ein Ritt apokalyptischer Reiter trotz mathematisch strenger Kompositionsprinzipien.
Weniger martialisch, aber nicht weniger klangvoll: „I burried Paul“ von Michael Gordon aus 1986, in dem der Komponist ein rückwärts gespieltes Stück aus dem Beatles-Song „Strawberry Fields“ verarbeitet. Immer wieder würden Komponisten Beatles-Nummern von hinten spielen, so Manuel de Roo, der wegen „Strawberry Fields“ als Achtjähriger beschlossen hatte, Musiker zu werden. Im Stück von Gordon hat de Roo dann persönlich zur E-Gitarre gegriffen - wie auch in Fausto Romatellis psychedelischer Trilogie „Professor Bad Tripp“.