Lobesame und kämpferische Engel
CHRISTUSKIRCHE / BACH WERK VOKAL
11/10/21 Von Engeln, den hilfreichen und den streitbaren, ist viel die Rede in den Stücken, die Ensembleleiter Gordon Safari mit seiner handverlesenen Truppe für sein jüngstes Konzert am Sonntag (10.10.) in der Christuskirche ausgewählt hat.
Von Gottfried Franz Kasparek
„Engelsmusik“ also. Das neugotische, eher intime evangelische Gotteshaus an der Salzach eignet sich atmosphärisch und akustisch bestens für die kleine Originalbesetzung von Kantaten Johann Sebastian Bachs. Zumal dann, wenn ein entsprechendes Ensemble wie BachWerkVokal den Abend gestaltet.
Der stimmige Programmbogen begann und endete mit einem Sanctus. Am Anfang erklang die fröhliche Lobpreisung in C, BWV 237, am Ende das grandiose, bereits den Weg in die Klassik weisende in D aus der h-Moll-Messe. Dazwischen erhub sich ein Streit, nämlich der zwischen dem Erzengel Michael und dem Drachen, mit schallenden Trompeten und Pauken. Das stilsichere Instrumentalensemble erfreute in dieser dramatischen Kantate zum Michaelsfest 1726 mit wahrem Barockglanz, aus der siebenköpfigen Vokalgruppe traten geschmeidig die Soli hervor, Zsófia Szabó mit feinem Sopran, Max Kiener mit hellem, exakt akzentuierendem Tenor und Jakob Hoffmann mit jungendhaftem Bass.
Nach dem Choral Sei Lob und Preis mit Ehren spielte der Konzertmeister des famosen, aus vierzehn Musizierenden bestehenden Orchesters, Martin Osiak, auf der Empore klangschön und innig die Passacaglia des Heinrich Ignaz Franz Biber, auch als Schutzengel-Sonate bekannt. Dies passte nicht nur thematisch, sondern auch deswegen, weil der brillante Geiger Biber damit Bachs Musik für Violine solo visionär vorweg genommen hat. Ob die Motette Lobet den Herrn, alle Heiden BWV 230 nun tatsächlich von Vater Bach ist oder vielleicht doch von einem Schüler oder Zeitgenossen stammt, wird sich mangels eines Autographen wohl nie feststellen lassen – ein originelles, den Kontrapunkt nicht allzu streng nehmendes Stück ist sie allemal. Vor allem, wenn sie so beherzt gesungen wird.
Gordon Safari ist ein leidenschaftlicher Musiker, der bei aller Werktreue und historischen Informiertheit sein Musikantentum nie vergisst, ob er nun mit beschwörenden Gesten dirigiert oder die Seinen vom Orgelpositiv aus leitet. Noch ein zweites Mal bezwang an diesem Abend der Erzengel den Teufel, nun in der Kantate Man singet mit Freuden vom Sieg BWV 149. Das Orchester erfreute wiederum mit sensiblen Streichern, dem die Seele wärmenden Oboentrio, dem nuancenreichen Fagott und virtuosen Trompeten, mit gar nicht krachenden, sondern schön nachhallenden Pauken- und exquisiten Orgeltönen, natürlich alles auf barocken Instrumenten. Nun sangen Electra Lochhead mit ihrem leuchtenden Soprantimbre, die ihren Alt schlank und rank führende Katrin Heles und der profunde Bass Nils Tavella die Soli.
Auf das mächtige Sanctus folgte als Zugabe das trostvoll pastose Dona nobis pacem – um eine Gesamtaufführung der h-Moll-Messe in diesem Rahmen wird gebeten.