Auch Spione haben Gefühle
KULTUR VIRTUELL / CAMERATA SALZBURG
01/03/21 Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh ist ja eigentlich ein Geiger. Blöderweise erklärt ihn der eine Geheimdienstler zum Spion und der andere setzt prompt eine Traumfrau als Gegenspionin auf ihn an. Da kann ein braver Musiker schon ins Träumen kommen und in eine Mozart-Symphonie romantische Töne mischen.
Von Heidemarie Klabacher
Der Harfenstimme ist nicht von Mozart und die Pauke schlägt ein. Auch ist eine Symphonie kein Violinkonzert. Aber Geigensaiten können reißen. Und Mozart – wir nehmen das mal als gegeben an – hätte seinen Spaß an der frechen Persiflage auf seine legendäre Symphonie g-Moll KV 550. Regisseur Yves Robert spielt den wutschnaubenden Dirigenten. Aber dem herrlichen musikalischen Unsinn zum Trotz ist die Mozart-Interpretation in der Spionage-Komödie anno 1972 nicht auf der Höhe der Erwartungen von 2021.
G'scheiter der Camerata online zuhören. Die gestreamte Einspielung unter der Leitung von Konzertmeister Gregory Ahss aus dem Wiener Konzerthaus ist seit Sonntag (28.2.) Vormittag online. Es ist ein Geschenk an die Abonenntinnen und Abonennten. Ein klingendes Lebenszeichen vom Feinsten.
Zündend, mitreißend der erste Satz (nur das Molto Allegro wird im Großen Blonden verballhornt), funkenschlagend aus einem geradezu ätherischen Pianissimo heraus; Abgründe öffnend, von denen die Geheimdienste dieser Welt (im Film oder Wirklichkeit) keine Ahnung haben; Heiterkeit und Friede andeutend (im Andante), die jedes Elysium traurig ausschauen lassen. Angriffig zupackend das Menuett (toll die Steigerung in der Wiederholung), ländlerisch-trügerisch das Trio mit seinen Hornrufen; das Allegro assai schießt mit Kanonen auf Spatzen. Und trifft kontrapunktisch ins Herz. Da können Spione, verliebt oder nicht, Treffsicherheit lernen.