Einladung haarscharf
BACH WERK VOKAL / LEIPZIG / SALZBURG
05/11/20 „Was Bayreuth und der Grüne Hügel für die Wagnerianer, ist für die Bachianer Leipzig und die Thomaskirche“, sagt Gordon Safari. Sein Ensemble BachWerkVokal ist zu Konzert und Gottesdienst in Johann Sebastian Bachs Wirkungsstätte eingeladen. „Sie können sich vorstellen, wie sehr uns diese Einladung gerade in dieser Zeit motiviert und erfreut.“
Von Heidemarie Klabacher
Am Wochenende von 7. und 8. November gastiert das Ensemble BachWerkVokal in der Thomaskirche zu Leipzig. „Es kommt für uns einer Pilgerfahrt gleich, quasi back to the roots zu unserem künstlerischen Bezugspunkt, Johann Sebastian Bach“, sagt Gordon Safari.
Zwischen Einladung und Abfahrt stand der zweite Lockdown, Inzwischen habe man „juristisch gesehen alles wasserdicht“, ob die Reise nach Leipzig stattfinden könne, stand auf Messers Scheide. „Die Stimmung in der Truppe ist verständlicherweise angespannt, aber sobald wir arbeiten, musizieren, diskutieren, ausprobieren ist der Alltag vergessen. Alle brennen und verhalten sich trotzdem hoch diszipliniert“, schildert Gordon Safari die Stimmung im Ensemble.
Für die Salzburger Fans werde man „Film- und Fotomaterial zusammenstellen“, welches das Ereignis der musikalischen Pilgerfahrt für die Daheim gebliebenen dokumentieren werde. Das Gastkonzert in Leipzig werde unter dem Motto In te Domine speravi – Herr, auf dich traue ich stehen und „dieses Thema mit Vertonungen des 31. Psalms von Buxtehude, Frank, Palestrina und Schütz entfalten“, erzählt Gordon Safari: „Musik, die von Hoffnung und Vertrauen spricht, muss gerade jetzt zur Aufführung kommen!“
Mit der Kantate BWV 138 Warum betrübst du dich, mein Herz werde man in der Bach-Stadt einen zweiten Programmschwerpunkt setzen. Die aktuelle Lage böte, so Safari, „ Anlass dazu, in Depression und Betrübnis zu verfallen“. Und Bach entfalte in dieser Kantate „ein ungeheures Lamento, das zunächst ausweglos erscheint“, erklärt der Kirchenmusiker und Bach-Kenner. „Aber er bleibt mit seiner Aussage nicht dabei stehen, sondern bietet eine Lösung an, die in Zuversicht und Lebensfreude mündet. – Ein Ansatz, den wir uns als Musikerinnen und Musiker, Hörerinnen und Hörer gleichermaßen aneignen sollten.“
Gleich nach der Rückkehr aus Leipzig hätte es in Salzburg in der Kollegienkirche weitergehen sollen. Aber das Projekt Kaddisch, mit dem jährlich am 9. November der Opfer der Reichspogromnacht und des Holocaust gedacht wird, musste aufgrund des Beschlusses der Bischofskonferenz, nachdem auch in gottesdienstlichen Feiern nicht mehr gesungen werden dürfe, entfallen. Zusammen mit Christian Wallisch-Breitsching von der KHG sei „wirklich alles versucht“ worden, die Gedenveranstaltung stattfinden zu lassen, „aber es gibt keine Chance“. Eine weitere corona-bedingte Absage trifft die für Ende November geplante Tournee des BachWerkVokal. Kein Weg führt derzeit nach „Innsbruck-Zürich-Basel“.
„Bach ist Anfang und Ende aller Musik“, zitiert Safari den ersten Teil eines berühmten Spruchs des Komponisten und Bach-Verehrers Max Reger auf die Frage Was ist mir Johann Sebastian Bach und was bedeutet er für unsere Zeit. Dazu der evangelische Kirchemusiker Gordon Safari: „In diesen Tagen wird dieser Ausspruch ja akut. Das vorläufige Ende des Musizierens ist Realität. Nur in Bachs Kirche ist es gerade noch möglich.“
„Bach ist Anfang und Ende aller Musik. Auf ihm ruht und fußt jeder wahre Fortschritt“, lautet der ganze Reger-Satz. Der Bach-Fan hat übrigens auch gesagt: „Die höchste Freiheit bekommen wir erst aus der Wiedergeburt von Bach.“