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Der Heilige in der Hölle

KULTUR – VIRTUELL

06/11/20 Das Werk hätte die Sonntagsmatinee am Sonntag (8.11.) eröffnen sollen: Silouans Song von Arvo Pärt. Dieses Konzert geht natürlich nicht – aber das Mozarteumorchester hat es unter der Leitung von Leo Hussain aufgenommen und dem Gedenken an die Opfer des Terroranschlags in Wien gewidmet.

Arvo Pärts Komposition ist ein klingendes Gebet, gehüllt in herb-schöne Streicherfarben. Man könnte den Text – „Meine Seele sehnt sich nach dem Herrn“ – mitsingen. Er stammt vom russischen Bauernsohn Simeon Iwanowitsch Antonow (1866-1938), der 1892 in das russische Kloster Panteleimonos der Mönchsrepublik am Berg Athos (Griechenland) eintrat und sich fortan Siluan nannte.

„Der Mönch betet unter Tränen für die ganze Welt“, ist ein Starez Siluan zugeschriebener Ausspruch.

Michael Karl Proházka, bis 2018 Abt von Stift Geras und zugleich Archimandrit der Melkitischen griechisch-katholischen Kirche ist, hat eine Nahebeziehung zu diesem Mystiker der Ostkirche. Er erklärte vor einigen jahren bei einem Vortrag in Salzburg: „Starez Siluan war schon fünfzehn Jahre Mönch, als ihm in einem nächtlichen Ringen um das reine Gebet die Weisung zuteil wurde, bewusst in der 'Hölle', das heißt dem Ort der Anfechtung hier und jetzt, auszuharren. Es geht darum, nicht vor den Anfechtungen und Leidenschaften davonzulaufen, bei ihnen aber auch nicht stehen zu bleiben oder sich von ihnen überwältigen zu lassen. Wenn man dem 'Feind ins Auge sieht', statt vor ihm zu fliehen, ihm aber auch keine Möglichkeiten des Sieges bietet, hat man schon gewonnen!“

Das passt gut in die Tage nach dem Wiener Attentat. Die Musikerinnen und Musiker des Mozarteumorchesters, die unter strengsten Auflagen im Orchesterhaus proben dürfen, möchten mit dieser Aufnahme der von Siluan inspirierten Komposition ein Zeichen setzen, für Frieden, Respekt und Toleranz. (Mozarteumorchester/dpk-krie)

Silouans Song“ von Arvo Pärt mit dem Mozarteumorchester unter Leo Hussain
Bilder: Filmstills

 

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