Hurtig und heiter. Rasend und rau.
STIFTUNG MOZARTEUM / SAISONERÖFFNUNG
07/10/20 Das niederländische Brüderpaar Lucas und Arthur Jussen hat das Salzburger Publikum vor über zwei Jahren im Wiener Saal erobert. Nun eröffnet das Klavierduo die Konzertsaison der Stiftung Mozarteum im Großen Saal, den es wohl auch ohne Coronaregeln füllen würde. Eine wahrlich triumphale Konzertstunde!
Von Gottfried Franz Kasparek
Nur eine gute Stunde dauerte das Tasten-Feuerwerk der beiden jungen Musiker. Leider war der pandemischen Kürzungswelle das vierhändige Divertimento von Leo Smit zum Opfer gefallen – es ist eine bedenkliche Tendenz, dass in manchen Programmen nur mehr die „Reißer“ übrig bleiben. Miteinander reisende Brüder dürfen übrigens hoffentlich auch vierhändig spielen, was sie mit der stimmungsvollen Bach-Zugabe am Ende – Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit – bewiesen.
Die Stunde am Dienstag (6.10.) war vergnüglich und spannend. Technisch sind die Jussens ohnehin über jeden Zweifel erhaben. Diesmal saßen sie an zwei Bösendorfer-Flügeln, deren leuchtender Klang im Gegensatz zur mitunter kühlen Steinway-Perfektion immer wieder gut tut. W. A. Mozarts Sonate für zwei Klaviere KV 448 ist ein orchestral wirkendes Wunderwerk der guten Laune. Sogar das Andante ist trotz Moll-Passagen von fröhlicher Innerlichkeit. Walter Weidringers Überschrift im Programmheft, „Zehn Finger, hurtig und heiter“, trifft den Kern der Sache. Wie schön, sich in dieser bedrohlichen Zeit einfach eine knappe halbe Stunde auf höchstem Niveau bestens unterhalten zu können, Wolfgang Amadé sei Dank. Die Interpreten spielen das mit Gusto, Pfiff und ansteckend jugendfrischer Laune.
Igor Strawinskys Le Sacre du printemps hat als Ballett und Orchesterwerk im Lauf eines guten Jahrhunderts seine Schrecken verloren, wenn es die je hatte. Der berühmte Uraufführungsskandal von 1913 war ja eher der szenischen Umsetzung als der Musik geschuldet. Die immer noch aufregende Modernität kommt in den ebenfalls vom Komponisten stammenden Klavierversionen freilich nach wie vor aufregend zum Vorschein.
Zwar mag man in der Fassung für zwei Klaviere durchaus den faszinierenden Orchesterklang vermissen. Aber die metrisch wagemutigen Strukturen, die Rauheit der Textur, die hämmernde Gewalt der Rhythmen kommen explizit zum Vorschein. Die Brüder Jussen lassen die lyrischen Episoden exquisit klingen und stürzen sich begeistert in die archaische Barbarei der Opferriten. Berührend ist der auch optisch angedeutete Zusammenbruch der Raserei am Ende. Und des Jubels war aller Publikumsmaskerade zum Trotz kein Ende.
Die Eröffnungs-Konzertreihe und das Saisonprogramm der Stiftung unter - www.mozarteum.at
Bilder: Marco Borggreve