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Von Logenbruder zu Logenbruder

HINTERGRUND / MOZART-BRIEFE

06/10/20 Den Autor und Illustrator Maurice Sendak (1928-2012) kennt man vor allem als Schöpfer des Kinderbuchs Wo die wilden Kerle wohnen (Where The Wild Things Are, 1963). Er war der letzte Besitzer dreier Briefe von Wolfgang Amadé und Leopold Mozart. Die Stiftung Mozarteum hat sie Anfang dieses Jahres erworben.

Was die Herzen von Mozart-Forschern höher schlagen lässt, ist der letzte Brief an Vater Leopold vom 4. April 1787. Da hatte Mozart in Wien spitz gekriegt, dass es dem Altvorderen miserabel ging: Ich hoffe und wünsche daß sie sich, wehrend ich dieses schreibe besser befinden werden; sollten sie aber wieder alles vermuthen nicht besser seÿn, so bitte ich sie beÿ … mir es nicht zu verhehlen, sondern mir die reine wahrheit zu schreibe[n] oder schreiben zu lassen, damit ich so geschwind als es menschen möglich ist in ihren armen seÿn kann. Zu dieser letzten Umarmung ist es nicht mehr gekommen.

Von Interesse für die Forschung ist, dass der Brief von der Denkweise der Freimaurerei geprägt ist, der sich Mozart stark verpflichtet fühlte. Auch sein Vater war ja Mitglied einer Freimaurer-Loge. Ein etwas undeutliche Zeichen, das Mozart in der Unterschrift ungewöhnlicherweise dem „Manu propria“-Kürzel nachstellt, könne man als zwei ineinander verschlungene Dreiecke deuten, mutmaßt der wissenschaftliche Leiter der Stiftung Mozarteum, Ulrich Leisinger. „Wolfgang Amadé Mozart nimmt von Leopold eigentlich nicht als Sohn von seinem Vater Abschied, sondern als Bruder zu Bruder. Was für ein bewegender Moment, an dem wir nun alle teilhaben können“, so Stiftungspräsident Johannes Honsig-Erlenburg.

Ein zweiter Brief stammt aus dem Jahr 1770. Da berichtet Leopold Mozart aus Mailand seiner Frau unter anderem vom prestigeträchtigen Auftrag an den gerade vierzehnjährigen Sohn, eine Oper für die Karnevalsaison 1770/71 zu schreiben. Wir erfahren da das erste Mal, wie sie heißen wird: Mitridate, Re di Ponto. Wolfgang Amadé hat dann noch ein kurzes Postskriptum in italienischer Sprache an seine carissima sorella Nannerl angefügt.

Und wieder ein Zeitsprung: Den dritte nun erworbenen Brief hat Mozart auf der Reise nach Berlin, Dresden und Leipzig im Jahr 1789 an sein liebstes, bestes Weibchen Constanze verfasst. Es ist einer von Mozarts seltenen Reisebriefen aus den letzten Lebensjahren.

Der Inhalt aller drei Briefe ist zwar seit dem 19. Jahrhundert bekannt; die Originale waren aber lange Zeit nicht zugänglich, der Brief Mozarts an seinen Vater beispielsweise seit mehr als 90 Jahren nicht. In diesem Fall existierten nicht einmal Fotografien. Entsprechend groß ist die Begeisterung der Mozart-Forscher, dass sie nun die Originale in Händen halten können.

Im Fall des letzten Briefs an den Vater ist die Neuerwerbung auch deshalb besonders von Belang, weil sie eine oft zitierte Passage enthält, Mozarts Gedanken über die letzten Dinge: da der Tod |: genau zu nemen :| der wahre Endzweck unsers Lebens ist, so habe ich mich seit ein Paar Jahren mit diesem wahren, besten Freunde des Menschen so bekannt gemacht, daß sein Bild nicht allein nichts schreckendes mehr für mich hat, sondern recht viel beruhigendes und tröstendes! – und ich danke meinem gott, daß er mir das glück gegönnt hat mir die gelegenheit |: sie verstehen mich :| zu verschaffen, ihn als den schlüssel zu unserer wahren glückseeligkeit kennen zu lernen.

Die Stiftung Mozarteum Salzburg besitzt die weltweit größte Sammlung an Briefen der Familie Mozart. Die meisten befinden sich bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Salzburg, als die Mozart-Söhne Carl Thomas und Franz Xaver die in ihrem Besitz befindlichen Originalbriefe dem Dom-Musikverein und Mozarteum, der direkten Vorgängerorganisation der Stiftung Mozarteum, vermachten.

Was haben nun die drei Briefe aus dem Nachlass von Maurice Sendak gekostet? Das wird nicht verraten, die Stiftung spricht von einem „marktgerechten sechsstelligen Betrag“. Mitgeholfen bei der Finanzierung hat die mit Unterstützung der W. A. Mozartstiftung (Schweiz). (ISM/dpk-krie)

Auch die drei neuerworbenen Briefe sind in die digitale Briefedition der Stiftung Mozarteum integriert, vom letzten Brief Mozarts an den Vater wurde auch ein Faksimile (10,95 Eur) produziert
Bilder: ISM

 

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