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Des Mozart-Haares letzter Schopf

HINTERGRUND / MOZART-RELIQUIEN

 05/12/19 Dass neue Briefe der Familie Mozart erworben werden, ist zwar nicht wirklich Alltagsgeschäft der Stiftung (dazu sind sie zu selten), aber es kommt vor. Dass aber ein Haarbüschel des Genius Loci auftaucht, ist doch etwas Außergewöhnliches. Immerhin: fünf Haarbüschel hat die Stiftung schon – und jetzt noch ein sechstes.

Von Reinhard Kriechbaum

„Eigene Haare von dem Haupte des unsterblichen Tondichters und Großmeisters im Reiche der Harmonien … Wolfgang Amadeus Mozart“ – 1839 habe er diese Reliquie von Mozarts Sohn Franz Xaver persönlich bekommen, bestätigte Aloys Fuchs dem badischen Münzmeister Carl Wilhelm Doell, der nach Wien gekommen war, um von Mozarts Sohn allerlei Devotionalien zu erwerben. Das hat nicht funktioniert, weil Franz Xaver Mozart kurz zuvor gestorben war. Aber jener Aloys Fuchs war dem Mozart-Sohn bei der Ordnung der zahlreichen ererbten Original-Dokumente seines Vaters Wolfgang Amadé behilflich gewesen und hatte dafür auch einige Stücke der Sammlung als Gegenleistung erhalten. Von Fuchs, der als Autographensammler berühmt war, erhielt Doell die Locke und andere Briefe.

Es spreche viel dafür, dass die nun ins Haus gekommenen Haare echt sein können, mutmaßt man bei der Stiftung. Vielleicht findet sich ja einmal Geld für eine DNA-Untersuchung der unterschiedlichen Büschel. Und ganz außer Frage steht, dass eine solche Reliquie deutlich weniger peinlich ist als das, was die Stiftung in einem Glaskasten verwahrt, aber aus gutem Grund wenig Wind drum macht: Mozarts Schädel. Irgendwie ist es wie mit katholischen Märtyrern: Eigentlich ist's völlig wurscht, ob die Dinge echt sind.

Die Briefe sind echt, der Mozart-Enthusiast Carl Wilhelm Doell (1787–1848) setzte ja Geld und Energie ein, um dran zu kommen. Von seinen erben hat man das kleine Kompendium nun erworben. Von Beruf war Doell Graveur von Münzen und Medaillen in Diensten des Großherzogs von Baden in Karlsruhe. Im Jahr 1843 hatte er eine silberne Medaille zu Ehren Mozarts entworfen.

Das ganz Konvolut ist eher für Musikwissenschafter interessant. Nett aber ein kurzes Schreiben Mozarts, in dem er eine sogenannte „Bölzlscheibe“ in Auftrag gab. Das Bölzlschießen war eine äußerst beliebte Freizeitbeschäftigung der Familie Mozart und deren Freundeskreis. Der „Bestgeber“ stiftete den Gewinn und gab die Zielscheibe in Auftrag, auf der oft scherzhafte, mitunter auch derbe Szenen dargestellt waren. Eine solche Scheibe stiftete Mozart in diesem Fall von unterwegs, und in diesem Brief beschreibt er genau, was dort dargestellt werden sollte:

„die scheiben, wens es nicht zu spät ist, bitte ich mir so aus. ein kleiner Mensch mit lichten haaren steht gebückt da, und zeigt den blosen arsch her. aus seinen Mund gehen die wort. guten appetit zum schmaus. der andere wird gemacht, in stiefl und sporn, ein roths kleid, eine schöne Perücke nach der Mode; er muß von mitterer grösse seÿn. er wird in der Positur vorgestellt wie er den andern just im arsch leckt. aus seinen Mund gehen die worte. ach, da geht man drüber N’aus.“ Die Bölzlscheibe ist tatsächlich gemalt worden.

Im Rahmen von exklusiven Führungen im „Autographentresor“ der Stiftung Mozarteum besteht die Möglichkeit, die kostbaren Stücke im Original zu betrachten. Öffentliche Führungen finden im Rahmen der Mozartwoche 2020 statt. Digitalisiert werden diese Dokumente natürlich auch, ein Faksimile wird vorbereitet – digibib.mozarteum.at
Bilder: Stiftung Mozarteum
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