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Schwarzweiß muss nicht schwarzweiß bleiben

STIFTUNG MOZARTEUM / ORGEL & FILM

30/05/18 Anno 1901 schrieb Wilhelm Meyer-Förster „Alt-Heidelberg“. Das Theaterstück war ein Welterfolg, heute gilt es bestenfalls als Edelkitsch. Die bittersüße Romanze vom Prinzen und der Wirtstochter, inmitten deutscher Burschenherrlichkeit und in der romantischen Kulisse einer schönen Stadt. Was hat uns „The Student Prince in Old Heidelberg“, der Hollywood-Stummfilm von Ernst Lubitsch aus dem Jahr 1927, heute noch zu sagen?

Von Gottfried Franz Kasparek

Man wird nachdenklich, wenn Karl Heinrich, Kronprinz eines fiktiven Königreichs, ein Bier nach dem andern stemmt, umgeben von Corpsstudenten. Wenn die fesche Kathi die Krüge verteilt und selber einen Krug auf einen Zug austrinkt. Wenn alle fröhlich „Gaudeamus igitur“ anstimmen. Schließlich sind Burschenschafter wieder in aller Munde. Der Berliner Ernst Lubitsch, später Emigrant in den USA, hat nichts verklärt, aber auch nichts schwarzweiß gezeichnet, so wunderbar seine schwarzweiße Bildästhetik auch ist.

Feine Ironie ist es, die der geniale Filmemacher gegen den Bierdunst setzt. Seine Menschen leben nur scheinbar in einer bürgerlich-königlichen Idylle. „Ach wie gut hat es so ein Prinz“ sagen sie, während der reale Prinz unter seiner unmöglichen Liebe leidet. Denn diese Liebe war damals noch unmöglich, man denke an King Edward VIII von Großbritannien oder an Franz Lehárs in derselben Zeit entstandene Operette „Der Zarewitsch“.

Der Kitsch war in den 20er-Jahren noch keiner, ist es auch heute noch nicht, wenn man die Sache historisch betrachtet. Gottlob dürfen heute Prinzessinnen und Prinzen endlich heiraten, wen sie wollen. Und nicht alle Burschenschafter waren und sind wütende Antisemiten. Schließlich badete auch der Broadway-Komponist Sigmund Romberg, altösterreichischer Herkunft, in Romantik mit Schmiss („The Student Prince“, 1924, in den USA immer noch ein Hit von „Sound of Music“-Ausmaßen) und der später von den Nazis ermordete Fritz Löhner-Beda war der Texter von „Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren“.

Ernst Lubitsch verfilmte das Rührstück mit Augenzwinkern. Da ziehen die jubelnden Massen konform die Hüte, wenn der Kronprinz, eigentlich ein ganz normaler Bub, erscheint. Da wirkt sein Onkel und König wie eine Figur aus altdeutscher Märchenwelt und hat gleichzeitig chaplineske Qualitäten. Da schupfen drei köstlich beflissene Kammerherren Ball mit dem Prinzen, der dies lieber mit den Kindern vor dem Palastgitter täte. Da tritt ein subversiver Privatlehrer mit Monokel und Zigarrensucht auf. Da wird der Prinz mittels einer genussvoll gerauchten Zigarette zum Mann. Es waren andere Zeiten… und doch zeichnet Lubitsch die Liebesgeschichte anrührend nach, samt traurigem Verzichtspathos am Ende. Manche Bilder wie das junge Paar im blühenden Frühlingsfeld und wirbelndem Wind bleiben haften. Gespielt wird das mit eher dezenter Komik. Parodistisches hat immer auch menschliches Maß. Satire hat doppelten Boden.

In der Serie „Orgel & Film“ in Großen Saal der Stiftung Mozarteum versorgte Dennis James den Stummfilm mit Orgelklängen, die sich nie in den Vordergrund drängen, aber exakt die Atmosphäre treffen. Dennis James beherrscht sein Instrument meisterhaft und scheut sich nicht vor kunstvoll verarbeiteten Volksliedern und Studentenhymnen (nicht alle sind böse…). Rombergs Musik kommt ebenso vor wie Kirmestänze und große Operngestik, wenn die Gefühle überschäumen. Im Sinne von Lubitsch ist auch sein Spiel oft voll flimmernder Erotik, ist eine Kunst der Andeutung. Dass man mitunter spontan lachen muss und sich gleich darauf bei der sprichwörtlichen Träne im Knopfloch erwischt, ist auch sein Verdienst. Jubel war denn auch sein Lohn.

Bilder: www.imdb.com

 

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