Analyse am offenen Herzen
STIFTUNG MOZARTEUM / LIEDERABEND PADMORE / FELLNER
09/05/18 Bei den Salzburger Festspielen stand er zuletzt Ende August vorigen Jahres auf der Bühne – in Haydns „Schöpfung“ mit den Berliner Philharmonikern unter Sir Simon Rattle. Nun hat der international gefragte Opernsänger und Oratorienspezialist in Salzburg bei der Stiftung Mozarteum seine Visitenkarte als Liedsänger abgegeben.
Von Heidemarie Klabacher
Er ist „der“ Evangelist dieser Tage. Tatsächlich kennt man Marc Padmore ganz besonders als Oratorien-Spezialisten, etwa als Evangelisten in Peter Sellars’ szenischer Umsetzung der Bach‘schen Matthäus- und Johannes-Passion mit den Berliner Philharmonikern und Simon Rattle.
Dem Oratorien- wie dem Liedsänger Marc Padmore, einem gebürtigen Londoner, eignen stupende Fertigkeit im Umgang mit dem (deutschen) Text und daraus resultierender staunenswerte Textverständlichkeit bis hin zum „Perlentränentröpfchen“ und technische Souveränität, die Leichtigkeit und Offenheit im Stimmklang bis in die höchsten Lagen geradezu selbstverständlich machen.
Sein Partner am Klavier beim Liederabend mit Schubert und Schumann am Dienstag (8.5.) im Großen Saal des Mozarteums war Till Fellner, der mit delikater Präzision noch in den bekanntesten Liedern etwa auf Texte von Gabriel Seidl immer wieder kaum einmal gehörte Feinheiten im Schubert’schen Klaviersatz offenbar machte. – Sei es im Glockenklang des repetierten Tons im „Zügenglöcklein“ oder die feinen rhythmischen Schwankungen der im goldenen Mondlicht sich drehenden Spindel im „Winterabend“.
Selbst ein bekennender Lieder-Freak, wie die Rezensentin, kennt Schuberts „Viola“ nur von der CD („Der Wanderer“ mit Ian Bostridge und Leif Ove Andsnes). Umso dankbarer ist man Till Fellner und Marc Padmore, dass sie die gut 13 Minuten lange Tragödie um die zu früh erblühte Frühlings-Braut ins Programm genommen haben. Das feine strahlende und dann so traurig klagende Klingen des Schneeglöckleins bleibt in Ohr und Herz.
Einige Textaussteiger im Schubert-Block wären nicht der Erwähnung wert, wenn sie sich nicht doch so gehäuft hätten, dass man als Zuhörer für den Sänger ganz unruhig wurde. Es hat dem Erlebnis keinen Abbruch getan, neugierig ist man doch, was da passiert ist, wo doch auch die Noten auf dem Pult lagen…
Kein Daumenhalten war nötig anschließend in der „Dichterliebe“, die Marc Padmore sang, wie einer, der all das frisch erlebt hat und jetzt am offenen Herzen analysiert, während Till Fellner den Klavierpart so zum Klingen zu bringen wusste, als wären es feinste Preludes oder Walzer oder Nocturnes mit obligater Gesangsstimme.