Alle Jahre - und schon wieder
BACHGESELLSCHAFT / MICHI GAIGG / WEIHNACHTSORATORIUM
18/12/17 Johann Sebastian Bachs „Weihnachtsoratorium“ zählt im Advent anscheinend zum unverzichtbaren Programmpunkt für die Salzburger Bachgesellschaft. Es gäbe auch andere Werke! Michi Gaigg und das L'Orfeo Barockorchester offerierten jedenfalls elegant vier der sechs Kantaten.
Von Horst Reischenböck
In den 1960er-Jahren hatte Karl Richter in Sachen Bach-Chorwerk das Szepter fest in der Hand. Auch in Salzburg, wo analog zum damaligen „Austragungsort“ Großes Festspielhaus in althergebrachter Tradition wuchtig sinfonisch groß musiziert wurde - mit herkömmlichen Instrumenten und einem Großaufgebot an Choristen. Das ist (zum Glück) lange her.
Heute setzt man auf schlankeres Klangbild. So auch am Freitag (15. 12.) im nicht vollständig ausverkauften Großen Saal des Mozarteums. Erstaunlich? Nun, vielleicht ist es mittlerweile schon der Tradition zu viel. Vielleicht wäre es trotz aller immer wieder bezeugter Zustimmung eine Überlegung wert, einmal auf andere, nicht so geläufige vom Thomaskantor für die Weihnachts-Festtage komponierte Kantaten neugierig zu machen. Da ließen sich zu spannenden Programmen bündeln etwa die früher entstandenen Werke „Christen, ätzet diesen Tag“, „Sehet, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeiget“ oder „Sie werden alle aus Saba kommen“, sowie die später geschaffenen Weroe „Unser Mund sei voll Lachens“, „Christum wir sollen loben schon“ oder „Das neugebor'ne Kindelein“. bündeln.
Michi Gaigg und ihr L'Orfeo Barockorchesters reisten diesmal mit Teilen 1 und 4 bis 6 aus dem „Oratorium Tempore Nativitas Christi“ von 1734 an (sie haben das Programm abends darauf in München mit anderen Solisten und anderem Chor wiederholt). Im Großen Saal des Mozarteums stand – eben wie gewohnt – das durch Albert Hartinger bestens vorbereitete Collegium Vocale der Salzburger Bachgesellschaft auf der Bühne. Michi Gaigg ging forsch ins eröffnende Jauchzen, perfekt von den Naturtrompeten bekrönt. Ähnlich blendend disponiert waren die Bläser die ventillosen Corni da caccia. Virtuos die beide konzertierenden Soloviolinen und die Oboe d'amore. Ohne störendes Handy-Klingeln vor und sogar nach der Pause wär's noch schöner gewesen!
Tenor Virgil Hartinger ließ es sich nicht nehmen, die entsprechenden Chorpartien mitzusingen. Als Evangelist und auch in der mit Koloraturen förmlich gespickten Arie „Ich will nur dir zu Ehren leben“ ein Edelstein im Solistenquartett. Ihm ebenbürtig war der in seinen Arien und als Herodes der gleichwohl schlanke wie profunde Bass von Markus Volpert. Margot Oitzinger setzte ihren Alt eher verhalten ein, während Ulrike Hofbauer ihren mitunter angestrengten Sopran erst lockern musste. Das sie bejahende Echo durch die Chor-Sopranistin Marcia Sacha in „Flößt mein Heiland“ klang weit freier, gelöster.
Vor Ostern werden Michi Gaigg, das L'Orfeo Barockorchester und das Collegium Vocale Salzburg mit Bachs h-Moll-Messe auf Tournee gehen, mit Stationen im Brucknerhaus Linz (18.3.), in Meran und Brixen (25./26.3.), danach bei der Bachgesellschaft im Großen Saal des Mozarteums (27.3.) und in Tamsweg (28.3.) – www.lorfeo.com; www.salzburger-bachgesellschaft.at
Bild: L'Orfeo Barockorchester / Reinhard Winkler