Ohne Bach wäre alles nichts
MOZARTEUMORCHESTER / NICHOLAS COLLON
15/12/17 In jüngster Zeit bot das Mozarteumorchester in seinen Abonnement-Konzerten vermehrt profiliertem Dirigentennachwuchs Gelegenheit zum Österreich-Debüt. Am Donnerstag (14. 12.) nutzte Nicholas Collon das Podium. Schumann-Werke umrahmten Mozart. Musiziert wurde in einvernehmlicher Partnerschaft mit dem Pianisten Till Fellner.
Von Horst Reischenböck
Es mag die Beschäftigung mit der geistigen Klarheit Johann Sebastian Bachs gewesen sein, die Robert Schumanns überreizte Nerven vorerst vom ersten Auftreten seiner Schlaflosigkeit und Todesangst, von „finsteren Dämonen“ kurierte. So entstanden neben einem halben Dutzend Fugen über die Tonfolge BACH, das Schumann für eine seiner besten Kompositionen hielt, auch zweimal sechs Studien für Pedalflügel. Ein heutzutage eher anachronistisches Instrument mit einer zusätzlich von den Füßen zu bedienenden Bassklaviatur unter dem Flügel bot für Organisten Möglichkeit zum häuslichen Üben. Mozart besaß auch eins in Wien.
Das Grandiose an den Studien op. 56 ist, dass der melodische Fluss ihre streng gestalteten Kanons überhören lässt. Schumann notierte übrigens auf einer Orgel nicht zu realisierend dynamische Vortragsanweisungen. Das bekannteste Stück, den Quartkanon Nr. 4, bearbeitete schon seine Gattin Clara für zwei Hände. Claude Debussy wiederum war davon dann so begeistert, dass er diese Kuriosität für zwei Klaviere transkribierte: Eine an sich schon farbenreich harmonische Version, die wiederum den 1943 geborenen Engländer Robin Holloway anregte, sie durch Kammerorchester zusätzlich zu verdeutlichen. Dirigent Nicholas Collon, Holloways vierzig Jahre jüngerer Landsmann, hob sie im März dieses Jahres aus der Taufe und präsentierte nun ihre österreichische Erstaufführung im Großen Saal des Mozarteums.
Präsentierte sie, ohne Schumanns Klangwelt modernistisch Gewalt anzutun und speziell dankbar für die klangprächtig intonierenden Holzbläser und Hörner des Mozarteumorchesters - geeignet, im Wechselspiel mit den Streichern ihr phänomenales Können ins Treffen zu führen.
Im gleichen Sinn erfolgte der Einsatz für Schumanns zeitlich benachbarte Sinfonie C-Dur op. 61. Erregt, kampfbetont prägte Collons bestimmte Zeichengebung den Kopfsatz. Wirbelte danach durch das Scherzo, um umso nachdrücklicher das in überirdisch zarte Sphären von Bachs Welt zurückreichende romantisch verklärende Adagio aussingen zu lassen. Das Ganze wurde von der triumphal ins Positive gewendeten Überwindung aller Problematik final bekrönt und überstrahlt.
Dazwischen widmete sich Till Fellner dem Klavierkonzert Es-Dur- KV 482 des Genius loci. In bestem Einvernehmen mit dem unter Nicholas Collon aufmerksam mitgestaltenden Mozarteumorchester ging er kämpferisch das martialisch eröffnende Allegro an, das unaufdringlich durch kleine eigene Verspieltheiten garniert ist. Eine Wiedergabe klar und unprätentiös, ganz der Sache geweiht, nie der Selbstdarstellung. So auch das Andante, welches – kein Wunder – anlässlich der Uraufführung spontan wiederholt werden musste. Dessen nervige Melancholie drehte Fellner abschließend ebenso gekonnt zu bejahend festlichem Ausklang hin.
Zart lyrischere Stimmungen trotzte Till Fellner dem Steinway dann wieder in der Zugabe aus Franz Liszts „Annés de Pèlerinage“ ab.
Bild: MOS/Jim Hinson