Alle junge Kraft für Bach
CHRISTUSKIRCHE / H-MOLL-MESSE
18/10/17 Der Zyklus BachWerkVokal in der evangelischen Christuskirche gehört zu den bemerkenswertesten neuen Kultur-Unternehmungen in der Stadt Salzburg der letzten Jahre. Mit der Aufführung der h-Moll-Messe wurde das wieder einmal nachdrücklich unterstrichen.
Von Reinhard Kriechbaum
Da ist also der 2014 als evangelischer Diözesankantor nach Salzburg gekommene Gordon Safari angetreten, in monatlichen Konzerten nach und nach allen Bach für Singstimmen aufzuführen. Wirklich allen Bach. Ein Viel-Jahres-Projekt also, dem das Publikum erfreulicherweise die Gefolgschaft nicht versagt. Für Soli, Chor und Orchester hat Gordon Safari die Kräfte vor Ort gesammelt.
Wissen und Know How um historische Aufführungspraxis sind unterdessen ja reichlich vorhanden in Salzburg, aber so punktgenau war es bisher noch nie zusammengezogen worden. So hatte Gordon Safari eigentlich im Handumdrehen einen derzeit dreißigköpfigen jungen Chor beisammen, der auf die Interpretationslinie des Dirigenten perfekt eingeschworen ist. In dieser Gruppe lassen sich die solistischen Aufgaben je nach Erfordernis punktgenau fokussieren, mehrere in jeder Gruppe sind solotauglich.
Im Zyklus „BachWerkVokal“ werden die Solisten im Programmheft gar nicht beim Namen genannt, sie treten aus dem Chor heraus, um sich auch gleich wieder uneitel in diesen einzufügen. Mit so wenig Eitelkeit funktioniert Musik – und sie funktioniert ganz blendend, weil der Dirigent für jede Arie, für jedes Duett oder Ensemble die jeweils richtigen Stimmfarben einsetzen kann. Gerade bei einem vielfältigen Werk wie der h-Moll-Messe macht sich das bezahlt, wie etwa gleich im Christe-Duett – eine wunderbare Sache! Wie so vieles am Samstagabend (14.10.).
Einer von Gordon Safaris Tricks ist, auch die Chortableaus immer wieder aufzufächern, da und dort solistisch zu besetzen, zum Doppelquartett oder -quintett und dann eben ins (immer noch schlank und beweglich klingende) Tuitti zu steigern. Das macht gehörig Effekt, macht Bachs Kontrapunkt-Künste erst so richtig plastisch und tut – man denke an das zur wirbeligen Stretta gesteigerte „Et vitam venturi saeculi. Amen“ am Ende des Credo – geradezu fulminante Wirkung. Über Artikulation und Phrasierung muss Gordon Safari mit seiner Truppe offenbar nicht mehr lang diskutieren: Da geschieht vieles auf der Basis großer Vertrautheit, was Homogenität und stilistische Übereinstimmung sicher stellt.
Bei den Instrumentalisten – „Kontra-Punkt“ nennt sich das ebenfalls von Safari für seinen Zyklus rekrutierte Originalklangorchester – hat es naturgemäß ein wenig länger gedauert, bis eine ähnliche innere Vertrautheit da war. Aber die h-Moll-Messe jüngst hat bewiesen, dass unterdessen auch die Geigen ganz auf Linie sind. Im „Et incarnatus est“ hätten sie tonlich nicht präziser seufzen können. Im Institut für Alte Musik an der Universität Mozarteum gibt es, wie man sieht, aussreichend einschlägig kundigen Nachwuchs. Die Trompeten-Expertise holte man sich diesmal von der Camerata, jene für die Flöten vom Mozarteumorchester.