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KULTURVEREINIGUNG / JUBILÄUMSKONZERT

12/10/17 Wenn es in Salzburg jemanden gäbe, der 1952, dabei gewesen ist – als Kind natürlich – dann wäre das in einer der Festreden zum „Siebziger“ der Salzburger Kulturvereinigung erwähnt worden. Auch ohne Zeitzeuge darf gesagt werden: So einen Tschaikowsky hat man bei der Kulturvereinigung – und auch anderswo – noch nicht gehört.

Von Heidemarie Klabacher

Gegründet 1947, veranstaltete die Salzburger Kulturvereinigung ihr erstes Konzert am 17. Oktober 1952. Zum „Siebziger“ schenkte die Kulturvereinigung sich selbst und ihrem Publikum ein Festkonzert, das als Gegenstück zum ersten Konzert programmiert war.

„Die Moldau“ kann man tänzerischer oder sanfter entspringen oder über die Strudel toben lassen. Elegant und ohne Pathos aber ohne große Überraschungen führte Riccardo Minasi, der neue Chefdirigent des Mozarteumorchesters, auf diesen Ausflug in Böhmens Hain und Flur. Die Nymphen tanzten in einem überirdisch glitzernden Mondenlicht. Im Übrigen ist niemand ins Wasser gefallen.

Geradezu eine Neu-Begegnung gab es dagegen mit der „Fünften“ Tschaikowski. Beinah zügig näherte sich der Kondukt: nie behäbig, oft tänzerisch. Gab es da im ersten Satz nicht einige sich wiederholende schrille Einwürfe der Holzbläser, die verdächtig nach Jahrmarktsmusik klangen? Geradezu „dirty“. Ließen Dirigent und Orchester nicht „große“ oder „swingende“ Momente brutal zerschellen an schroffen Brechern?

Das berühmte sehnsüchtige Hornsolo im zweiten Satz, die so bewegend farbenreich artikulierten Antworten von Oboe oder Klarinette, die Wiederkehr des Themas im Cello mit den feinen Motiven der Holzbläser darüber… Wie schön. Doch die Katastrophen sind nie weit. Kein Wunder, dass das Thema seine schlichte Natürlichkeit einbüßt und in immer angespannteren Metamorphosen wiederkehrt. Filmreif, diese unzähligen, vollkommen organisch entwickelten und daher immer wieder überraschenden Wechsel der Stimmung – im gesamten Werk. Und manchmal glitzerte dazwischen der Mond.

Geradezu bizarr kam der dritte Satz über dem charakteristischen – leitmotivischen – Grundrhythmus daher, der immer wieder bedrohlich leise die Stimmung grundiert, bevor er sich im vierten Satz im Fortissimo Bahn bricht. Wie toll dieser Übergang! Auch im vierten Satz setzte Riccardo Minasi mehr auf Spannung, denn auf pure Lautstärke. Die Blechbläser glänzten auch in der mittleren Lautstärke – um mit geradezu gewalttätigen Ausbrüchen etwa der Pauke – immer wieder reale Bedrohungsszenarien zu entwickeln. Aufregend. Das uhrwerkartige Ostinato war dazu angetan, auch in den ruhigeren Momenten Unruhe zu schüren.

Einen so erfreulich unbequemen Tschaikowski erwartete man nicht in einer „Feierstunde“, für deren Termin und Werkdramaturgie Zahlenmystiker am Werk gewesen zu sein scheinen. Fast auf den Tag genau 51 Jahre nach seinem Debüt bei der Kulturvereinigung am 13. Oktober 1966 spielte der Pianist Peter Lang das Klavierkonzert d-Moll KV 466 von Wolfang Amadeus Mozart im Zentrum des Festkonzertes am Mittwoch (11.10.) so kraftvoll wie delikat in den Solopassagen, so beredt wie dialogbereit in den gemeinsamen Passagen mit dem Orchester.

„Nach 65 Jahren Beschäftigung mit Musik und Klavierspiel“ vermeine er, so der bescheidene große Künstler Peter Lang, „nunmehr annäherungsweise so zu musizieren, wieichr eigentlich immer schon wollte“. Es wird so sein, dass Peter Lang vor 51 Jahren tatsächlich noch nicht die gleiche souveräne Größe besaß, die gleiche demütige Virtuosität, mit der er KV 466 im Jahr 2017 erstrahlen ließ. Kein auskostendes Behagen, sondern immer vorwärtsstrebendes Bewusstsein: Pulsierend heiter in der unvergleichlichen Romance mit ihren dramatischen Abseiten, aus denen Peter Lang mit so kraftvollen wie eleganten Läufen immer wieder zurückführte ans Licht. Angriffig – überraschend bis hinein in die geradezu bockige Kadenz – im dritten Satz.

Mit „Klassikern“ – die in sechstausend Kulturvereinigungskonzerten, von denen 916 allein das Mozarteumorchester gespielt hat, unzählige Male erklangen – in zukunftsweisenden Interpretationen: So feiert man ein Jubiläum.

Zum dpk-Bericht über das Jubiläum „Siebzig Jahre Kulturvereinigung“
Mit Stolz und Freude
Bild: Mozarteumorchester / Drew Gardner (1); peter.lang.at (1)

 

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