Nichts zu bereuen ...
JUNGE PHILHARMONIE / MARIA BILL
14/01/10 ... aber doch einiges zu verfeinern gab’s beim Abonnementkonzert der Jungen Philharmonie, die unter dem Motto „Musique de Paris“ zu einem Programm mit divergierenden musikalischen Elementen lud.Von Christiane Keckeis
„Maria Bill singt Edith Piaf“ – so war das Konzert auf Plakaten eindrücklich beworben worden. Umso überraschender der Blick ins Programmheft, das sozusagen als „Vorprogramm“ zum Star des Abends zwei Pretiosen französischer Musik ankündigte: Claude Debussys „Prélude à l´après-midi d`un faune“ und Lili Boulangers selten musizierte dramatische Szene „Faust et Hélène“. Französischer Impressionismus neben französischer „Spätromantik“ neben französischem Chanson: Stilistische Welten galt es zu unterscheiden, was der Jungen Philharmonie unter dem jungen Dirigenten Bruno Weinmeister nur teilweise gelang.
Mit hörbarer Lust musizierte das Orchester am Mittwoch (13.1.) im Großen Saal Debussys symphonische Dichtung, die einst als Bahnbrecher der Moderne galt. Satte Streicher, anmutige Harfen, ohren-erfreulich rein intonierende Blechbläser: Das klang schön – und ein wenig belanglos. Die Solo-Flöte führte brav, aber nicht mehr. Wenig Funkeln. Wenig Leichtigkeit. Eher bieder-deutsch kommt der Faun daher. Ist das wirklich Debussy?
Spannend und differenzierter und trotz kleiner Schlampereien in der Homogenität überzeugend, wurde die „Kantate“ der Zwanzigjährigen Lili Boulanger musiziert. Die Französin, die um die Jahrhundertwende lebte, 24-jährig verstarb und deren Kompositionen – zu Lebzeiten geschätzt und prämiert - bald in Vergessenheit gerieten, schuf mit „Faust et Hélène“ ein starkes, farbig orchestriertes, emotional akzentuiertes Werk für Bariton, Tenor und Mezzo-Sopran. Die Sänger agierten durchwegs erfreulich: Ludovic Kendi gestalte Mephisto in düsteren Farben und entsprechend dramatisch. Christa Ratzenböck zeigte die ganze Spannbreite ihres schön geführten Mezzos. Einzig Sung-Kyu Lim konnte sein angenehmes lyrisches Material in der dramatischen Partie zu wenig nutzen, zumal das Orchester im Überschwang wohl manchmal die Sänger vergaß und sie chancenlos übertünchte.
Maria Bill, von vielen lang erwartet, charismatisch und stark, eroberte gewohnt souverän und intensiv im Nu ihr Publikum. Mit sparsamer, aber stimmungsvoller Lichttechnik wurde im Großen Saal eine intime Bühne suggeriert. Mit den kongenialen Begleitern Krzysztof Dobrek am Akkordeon und Michael Hornek am Klavier bedarf die Sängerin des Orchesters eigentlich wenig. Und so war es besonders spannend zu beobachten, wie die sichtbar lustvoll agierende Junge Philharmonie sich einfügte. Man ergänzte Klang und Schwung überzeugend, oft leider auf die Rolle des Begleiters vergessend und schlichtweg zu laut: Intimität und auch Freiheit und Selbstverständlichkeit der sängerischen Gestaltung litten dadurch.
Es blieb beim Experiment, das mit besserer Abstimmung und mehr Arbeit mit- und mehr Gespür für-einander zu verfeinern wäre. - Der Abend der starken Frauen endete in restloser Begeisterung und standing ovations.