„Hier ist der Ball! Spiel mit mir!“
HINTERGRUND / CD-EDITION / MOZART 225
16/09/16 „Mozart schrieb nicht für ‚Tenor’ oder ‚Sopran’ sondern für Menschen, die erkannte. Wenn Mozart schreibt ‚Andante’ oder ‚Allegro’ meint er ‚auf Zehenspitzen huschen’ oder ‚galoppieren’“, sagte der Star-Tenor Rolando Villazon bei der Präsentation der Jahrhundertausgabe aller Mozart-Werke, der repräsentativen Box „Mozart 225“. Wie kein anderer Komponist fordert Mozart die Menschen auf: „Spiel mit mir.“
Von Heidemarie Klabacher
MOZART 225 ist die umfassendste und somit maßgebliche Edition der Aufnahmen von Mozarts Werken auf zweihundert CDs. Sie wird anlässlich von Mozarts 225. Todestag von Decca Classics und der Deutschen Grammophon in Zusammenarbeit mit der Stiftung Mozarteum Salzburg herausgegeben. Die Box kommt am 28. Oktober weltweit in den Handel – limitiert auf 15.000 Stück. „In dieser limitierten und einzeln nummerierten Edition verbinden sich aktuelle Forschungserkenntnisse mit 240 Stunden erstklassiger Darbietungen von über sechshundert Künstlerinnen und Künstlern, Ensembles und Orchestern der Weltklasse in modernster Aufnahmetechnik.“
Die Box enthält alle vollständigen Werke Mozarts, einschließlich der Händel- und Bach-Bearbeitungen, über hundert Fragmente, Vervollständigungen von anderen Komponisten sowie „Werke zweifelhafter Echtheit“. Dazu gibt es dreißig CDs mit alternativen Interpretationen der wichtigsten Meisterwerke, sowie fünf Stunden mit Neu-Aufnahmen, unter anderem auf Mozarts eigenen Instrumenten.
Weil Mozart neben seiner Musik auch immer noch mit Sensationsfunden aufhorchen lässt, finden sich in der Box tatsächlich auch „Welt-Ersteinspielungen“ von Neuentdeckungen, wie etwa die Gemeinschaftskomposition von Mozart und Salieri „Per la ricuperata salute die Ofelia“, die in Prag gefunden und erst im Frühjahr von der Stiftung Mozarteum präsentiert worden ist. Dieses Stück – eine gesungene Gratulation zur Genesung von Mozarts Lieblings-Sopranistin, hat im Tanzmeistersaal die Sopranistin Christina Gansch gesungen, begleitet vom Klaviervirtuosen und Mozartexperten Robert Levin.
Ziel war es, sagt Herausgeber Paul Mosely, „die Werke in eine Reihenfolge zu bringen, die sowohl das musikalische Arbeitsleben Mozarts getreu abbildet, als auch für die Zuhörer zweckdienlich ist“: Die CDs 1 bis 49 enthalten die Kammermusik bzw. Musik für den Vortrag im kleinen Kreis; die CDs 50 bis 101 die Orchesterwerke für größere Räumlichkeiten oder Säle; die CDs 102 bis 152 die Opern bzw. „auf der Bühne aufzuführende Musik“; die CDs 153 bis 173 Sakralmusik bzw. „Musik für den rituellen oder privaten Einsatz“, die Freimaurerstücke gehören hier etwa dazu, aber auch Lieder oder Kanons; im Supplement von 174 bis 200 finden sich die Bearbeitung, Arrangements oder ungesicherte Werke. Insgesamt sind in der Box Aufnahmen aus fünfzig Jahren von 18 Plattenlabels versammelt. Sämtliche Sinfonien und Konzerte liegen in Aufnahmen mit historischen Instrumenten vor, daneben gibt es zum Vergleich zahlreiche legendäre Interpretationen auf modernen Instrumenten.
Vertreten sind Künstler und Künstlerinnen wie Abbado, Ashkenazy, Barenboim, Bartoli, Böhm, Brendel, Brüggen, Damrau, DiDonato, Gardiner, Hogwood, Mackerras, Marriner, Mutter, Nézet-Séguin, Östman, Pinnock, Pires, Schiff, Solti, Terfel, Uchida, Villazón und Wunderlich.
Neben den CDs enthält Mozart 225 eine neue Mozartbiografie, verfasst von Cliff Eisen: Er habe versucht aufzuzeigen, dass Mozart kein abgehobener, der Realität enthobener genialischer Träumer war, sondern ein normales Leben geführt habe, „mit Höhen und Tiefen und mit einer Ausnahme: der Musik“. Auch mit einzelnen Dauer-Themen habe er aufzuräumen versucht: Dass Fürsterzbischof Colloredo kein angenehmer Dienstherr war, müsse man nicht nachweisen, meinte sinngemäß Cliff Eisen, „Mozart war aber auch kein guter Angestellter“: „Es war einfach ein schlechte Beziehung. Auch den immer noch kolportieren Mythos, Mozart sei arm, verkannt und unbekannt verstorben, wolle er aus der Welt schaffen: Nach Mozarts Tod habe es in allen namhaften Zeitungen in ganz Europa Nachrufe gegeben, die berichteten, dass der größte Komponist aller Zeiten verstorben sei.
Ein überarbeitetes Köchel-Verzeichnis liegt der Box ebenfalls bei, in dem die aktuelle Zählung auch der Fragmente und Skizzen, folgend der Neuen Mozart Ausgabe, eingesetzt wird. Ein Buch mit musikwissenschaftlich fundierten Texten von dreißig internationalen Mozart-Expertinnen und Experten öffnet neue Mozart-Horizonte. Die Box wiegt zwölf Kilo und kostet 360 Euro.