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Wenn nicht jetzt, wann dann?!

GASTKOMMENTAR

029Von Tomas Friedmann

08/05/13 Die Landtagswahlen sind entschieden, die beiden großen Verlierer überlegen eine Neuauflage der Koalition, die grünen Gewinner könnten Schwung ins Land bringen, doch manche fürchten sich scheinbar vor Veränderungen. Und die Kultur? Sie hat im aggressiv-hitzigen Wahlkampf keine Rolle gespielt, die geplante öffentliche Kulturdiskussion fand nicht statt, da die Spitzenkandidaten von ÖVP nicht konnten bzw. jene von FPÖ nicht wollten. Also brachte der Dachverband Salzburger Kulturstätten seine kritische Analyse aller Parteiprogramme und seine Vorschläge für eine bessere Kulturpolitik in Pressegespräch, Aussendungen und Artikel unter die Leute – manche Medien ignorierten dies und versuchten lieber, selbst Politik zu machen.

Kurz zusammengefasst wiederhole ich aus Anlass der Landtagswahlen, in denen sich niemand für Kunst und Kultur stark gemacht hat, und weil sich gegenwärtig tatsächlich keiner für die Kulturagenden aufdrängt, was Salzburg aus meiner Sicht in den kommenden Jahren dringend braucht:

  • Kultur in eine kompetente Hand einer Politikerin bzw. eines Politikers, die/der Wissen und Interesse mit Neugier und Engagement verbindet, um Salzburg in der Kulturförderung ins 21. Jahrhundert zu bringen, d.h. ein Kulturverantwortlicher, der mit allen kritischen Geistern vor Ort kommuniziert, nicht selbst als Veranstalter auftritt, sondern – durch unabhängige Jurys beraten – für bestmögliche Investitionen in allen wichtigen gesellschaftlichen Bereichen der (sich verändernden) Gegenwartskultur sorgt, z.B. Volkskulturen mit ihren unterschiedlichen Ausdrucksformen ermutigt, Talente durch gezielte Förderungen entdecken hilft, die Errichtung von spartenübergreifenden Kulturhäusern in allen Salzburger Bezirken unterstützt, öffentliche Kulturgespräche mit Künstlern, Kulturschaffenden und Publikum führt, notwendige Medienauseinandersetzungen nicht scheut, offen für Neues ist – und vor allem für ein höheres Kulturbudget kämpft.
  • Mehr Geld für Kultur oder Umverteilung, denn im Salzburger Landeskulturbudget (dzt. 50 Millionen Euro) werden seit ewigen Zeiten und immer noch 90 % für Hochkultur, Kulturelles Erbe etc. ausgegeben und nicht einmal 10 % für alle engagierten “freien” Einrichtungen, Projekte, Künstler etc. in Stadt und Land investiert, obwohl hier – wenn dies ein Argument sein sollte – jährlich gemeinsam weit mehr als 1 Million Besucher aus Salzburg erreicht werden. Festivals und Events mit medialer Seitenblick-Begleitmusik gibt es genug, das Kulturbudget soll auch nicht Wirtschafts- und Tourismusbudget sein und für Umwegrentabilität sorgen, sondern gute Kulturpolitik heißt, die notwendigen, vorhandenen Gelder sollen die besten Projekte für alle Bevölkerungsschichten fördern und in ganzjährige Strukturen fließen – und wenn das Land dafür nicht mehr Geld zur Verfügung stellen will/kann, dann gehört deutlich dorthin umgeschichtet, wo die engagierten freien Einrichtungen mit häufig unterbezahlten Menschen arbeiten, denn dort entsteht bzw. wird Aktuelles von lebenden Künstlern, Autoren, Komponisten etc. aufgeführt, dort sind auch Qualität, Kreativität, Begeisterung, die internationalen Vergleichen stand hält.
  • Transparenz aller öffentlich verwendeten Kulturmittel, damit einerseits gezeigt wird, wie stark, lebendig und wichtig die Kunst, Kultur und Kreativwirtschaft mit tausenden Arbeitsplätzen in Salzburg ist, und damit andererseits Gelder, Ausschreibungen, Vergabe (von Stipendien, Stellen etc.) öffentlich klar nachvollziehbar sind, d.h. Entwicklung professioneller Modelle für Ansuchen, Abrechnungen und mittelfristige Fördervereinbarungen, um Planungssicherheit und Qualität zu ermöglichen. Posten in der Kultur (auch innerhalb des Landes) gehören öffentlich ausgeschrieben, durch unabhängige Jurys entschieden, zeitlich begrenzt und regelmäßig kontrolliert (z.B. durch einen aufgewerteten, kritischen Landeskulturbeirat). Angeregt und empfohlen wird auch die Neustrukturierung des Kulturförderbudgets – möglichst in Absprache mit allen Bundesländern, um zu einer einheitlichen Vorgangsweise, zu transparenten, vergleichbaren und aussagekräftigen Daten zu kommen – nach klaren Kriterien (samt einer entsprechend intensiven Diskussion darüber im Vorfeld):
    - KULTURELLES ERBE für alles wichtige Nicht-Zeitgenössische, für Sammlungen und Museen, für Burgen und Schlösser etc.
    - KUNST UND KULTUR für das Zeitgenössische nach Sparten (Musik, Theater, Literatur, Bildende Kunst etc.) mit mindestens 50 Prozent-Programm-Anteil von und mit lebenden Künstlern, Produzenten etc.
    - KÜNSTLER/INNEN mit Direktförderungen für Projekte, mit Stipendien, Preisen etc.

Es warten also spannende Aufgaben auf die/den neue/n Kulturverantwortliche/n im Land Salzburg. Die rasche gemeinsame Erarbeitung eines Landeskulturleitbildes mit uns Experten aus allen Bereichen der Kunst und Kultur und bei wissenschaftlicher Begleitung könnte ein erster Schritt in die richtige Richtung sein, damit längst vorhandene Ideen demnächst in die Wirklichkeit umgesetzt und dringend nötige Reformen angegangen werden.

Nachdem die jahrzehntelang auf die Parteien ÖVP und SPÖ aufgeteilten Kulturressorts das Land in den vergangenen 68 Jahren geprägt haben, wäre es nun an der Zeit, einen neuen, frischen, grünen Wind durch die manchmal etwas verstaubt wirkenden Räume der lokalen Szene wehen zu lassen ... In diesem Sinn freue ich mich auf die Zukunft!

Zum Gastkommentar von Barbara Wicha-Wolf Fehlt da nicht schon wieder etwas?
Zum Kommentar Jetzt auf die Socken machen, bitte!



 

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