Live klingt's etwas anders
STIFTUNG MOZARTEUM / SHANI DILUKA
30/03/16 Zu ihrem Salzburg-Debüt präsentierte sich die junge Pianistin Shani Diluka mit einem rein romantischen Programm, und sie wurde lebhaft akklamiert. Aber mit dem Flügel im Wiener Saal hat sie sich am Dienstag (29.3.) nicht recht angefreundet.
Von Horst Reischenböck
Shani Dilukas Vorfahren stammen aus Sri Lanka. Am Pariser Conservatoire ausgebildet, erfreute sie sich ob ihres Talents bald der Fittiche berühmter Kollegen und ist längst international kein Geheimtipp mehr. Ihren Visitenkarte im 5. Stiftungs-Konzert im Wiener Saal gab sie dazu vornehmlich mit Kompositionen ab, die knapp nach Beethovens Tod entstanden.
Die 1829 begonnenen „Papillons“ op. 2 von Robert Schumann sind gleichsam eine der letzten Suiten im Stil des französischen Barocks à la François Couperin. Ein Dutzend kurzer Stücke, mehrheitlich Walzer, sind miteinander durch ein gleich am Anfang des „Maskenballs“ erklingende Motiv verknüpft. Von echter Walzer-Seligkeit durfte man allerdings nur träumen, denn Shani Diluka schien es relativ eilig zu haben. Sie setzte weniger auf verträumte Stimmungen denn auf rhythmische Akzente und hämmerte die Sechs-Uhr-Schläge gegen Ende des irrlichternden Spuks mit vollem Nachdruck geradezu ins Gehör.
Mit einer Auswahl an „Lyrischen Stücken“ von Edvard Grieg frönte sie weiter ihrer Vorliebe für Miniaturen, denen heutzutage lediglich ein eher kümmerliches Randdasein im Konzertgeschehen gerade noch gewährt wird. Man denke an Mendelssohns „Lieder ohne Worte“. Griegs eher kurze Arietta am Beginn von Opus 12 erinnert an dieses Vorbild. Hier gönnte sich Shani Diluka mehr Zeit zur Nachdenklichkeit der innewohnenden Stimmungen, etwa „An den Frühling“ op. 43/6 und im zauberhaft die Form weitenden Notturno op. 54/4 als Umrahmung des Valse-Impromptu op. 47/1. Die Auswahl rundete sie mit dem bekannten „Zug der Zwerge“ op. 54/3 geradezu martialisch virtuos ab.
Grieg besaß in Troldhaugen einen Steinway Typ B. So gesehen war es durchaus legitim, sich im Wiener Saal eines ähnlichen Instruments zu bedienen. Doch dessen eher metallische Höhen schienen Shani Diluka nicht recht willkommen waren und irritierten ihre Interpretation von Franz Schubers letzter Sonate B-Dur D 960. Unter diesen Voraussetzungen ließ sich das phänomenale Klangbild von Shani Dilukas jüngst erschienener CD-Aufnahme (noch dazu mit einem weit weicher klingenden Klavier) schwer live verwirklichen. Aber auch anderes weckte Misstrauen: Die Melancholie des Molto moderato wollte sich nicht so einfach einstellen, dazu grummelten die Basstriller in der Rechten zu dominierend und lautstark. Auch die im anschließenden Andante sostenuto so überaus wehmütig eingeschriebene Trauer, vorwegnehmende Erkenntnis eines viel zu früh zu erwartenden Abschieds von der Welt, dauerte bis in die Wiederholung hinein. Quick vertrieb das Scherzo ein Überhandnehmen derartigen Seelenzustands, dem das Finale dann mit seiner funkelnd vorangetriebenen Stretta pessimistische Gedanken vollständig austrieb.