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Ein „Miracle“ voll Lust und Laune

CAMERATA SALZBURG / SIR ROGER NORRINGTON

21/12/15 81 Jahre alt ist Roger Norrington unterdessen. Bei der Camerata Salzburg führt er den netten Titel „Ehrendirigent“. Das ist vielleicht nicht ganz so viel wie „Sir“ – also Ritter der Queen –, aber dafür ist Camerata-Ehrendirigent ein echtes Alleinstellungsmerkmal.

Von Reinhard Kriechbaum

Ziemlich singulär ist auch Sir Rogers kumpelhaftes Auftreten, das – wenn er erst mal sitzt vor dem Orchester – so juvenil und sogar ein bisserl frech wirkt wie eh und je. An eines seiner Spiele erinnert man sich ja vom früheren Festival „Begegnungen“ noch gut: Norrington ermunterte sein Publikum gerne, auch zwischen den Sätzen Beifall zu spenden, was einst ja durchaus üblich war. Ein Stück Originalton-Spende von Zuhörerseite also, um die der Dirigent nicht erst lange bitten musste am Freitagabend (17.12.). Der Zwischenbeifall drängte sich auch wirklich auf, denn Haydns Symphonie „The Miracle“ Hob. I:96 kam mit allen Wundern und Überraschungen daher, wie sie der alte Haydn mit leichter Hand zusammen zu mischen wusste.

Wie viele unterschiedliche Rhythmen überlagern sich doch schon in der Themen-Aufbereitung des ersten Satzes, wenn ein listiger „Klangredner“ wie Roger Norrington sich auf die Fährten des Beats in der Wiener Klassik setzt! Ein herzerfrischendes Rhythmus-Kuddelmuddel, da fühlte sich die gut gelaunte Camerata-Schar so recht herausgefordert. Auf eine Besonderheit dieses Werks hat Norrington sein Publikum quasi mit der Nase gestoßen, indem er die Bläser im Halbkreis stehend um die Streicher postierte. „The Miracle“ ist eigentlich eine „Sinfonia concertante“, bei dem sich die Bläser nachhaltig einbringen. Viel Pikanterie steckt in dieser Musik auch, weil der Komponist mit gleichsam ironischen Bläserstatements die ohnedies schon pointierten Themen ordentlich aufpeppte.

Das also haben Norrington und seine Mitstreiter mit Lust und Laune, mit Erfindungsreichtum und vor allem mit beeindruckender Disziplin auch im Vor-Lauten herausgekitzelt. Und was für eine Charme-Attacke der Solo-Oboe im Trioabschnitt des Menuetts!

Da ist als alles bestens gelungen, doch auch von einem Scheitern ist zu berichten. Arvo Pärts Stück „Trisagion“ haben aber nicht der Dirigent oder das Orchester gekillt, sondern das Publikum. Kaltblütig. Gegen das Räuspern, Schnauben, Wetzen hatten Arvo Pärts stehende Klänge nicht die leiseste Chance. Weil die Musik sowieso kaputt war, hatte man indes Zeit, um sich zu schauen in der Schar der Störenfriede. Um die Altersstruktur ihres Publikums muss sich die Camerata ernsthaft Gedanken machen.

Mit Corellis „Weihnachtskonzert“ hatte der Abend begonnen, und mit einem Konzert für zwei Trompeten von Vivaldi hielt er nach der Pärt-Verunsicherung auch wieder angewandten Spielwitz bereit. Kurt Körner und Wolfgang Gaisböck haben auf ihren Naturtrompeten geschmeidig vorgeführt, wie Stereophonie im Barock funktionierte.

„Tierisches Vergnügen“ mit der Camerata ist zum Jahreswechsel angesagt: Der Bogen reicht von Rossinis „Diebischer Elster“ bis zur Filmmusik fürs „Dschungelbuch“. Telemann hat eine „Grillensymphonie“ geschrieben und Luciano Berio ein „Opus Number Zoo“ - 31. Dezember 19.30 Uhr und 1. Jänner 15.30 Uhr jeweis im Großen Saal des Mozarteums – www.camerata.at
Bild: IMG Artists

 

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