Gips-Mozart, eine halbe Handspanne groß
STIFTUNG MOZARTEUM / NEUE MOZARTIANA (2)
23/07/15 Die Stiftung Mozarteum Salzburg hat unlängst aus Privatbesitz ein Gips-Medaillon von Leonhard Posch (1750–1831) erhalten: eine kleine Porträtbüste Mozarts in Seitansicht.
Die Miniatur stammt aus der Familie von Johann Nepomuk Hummel (1778–1837). Der Komponist – sein trompetenkonzert ist klassisches Wunschkonzertgut – war als Kind in Wien ein Schüler Mozarts und nahm später als Hofkapellmeister eine wichtige Rolle im Weimarer Musikleben der Goethe-Zeit ein. Das Porträt unter altem Glas in einem feinen Messingrahmen ist vorzüglich erhalten.
Die Stiftung Mozarteum Salzburg besitzt die Mehrzahl aller authentischen Mozart-Porträts, also derjenigen Bildnisse, die zu Lebzeiten des Komponisten und mit seinem Wissen entstanden sind. Nähere Forschungen sind nötig, um zu ermitteln, ob das Gips-Medaillon aus dem Besitz der Familie des Weimarer Hofkapellmeisters Hummel noch zu Mozarts Lebzeiten entstanden ist oder ob es zwar auf der Basis authentischer Vorlagen entstanden ist, aber bereits der postumen Mozart-Rezeption des frühen Biedermeier angehört.
Das neu erworbene Gipsmedaillon ist etwa 7,5 cm hoch und könnte nach derzeitigem Kenntnisstand zu den wenigen Arbeiten Poschs gehören, die noch vor 1803 in Wien entstanden sind. Seine Existenz war der Forschung seit 1971 bekannt, es konnte aber nie näher untersucht werden. Das Medaillon bildet ein Gegenstück zu der Buchsbaumschnitzerei von Posch, die sich seit 1856 im Besitz der Stiftung Mozarteum befindet. Die Erwerbung jenes außerordentlich hochwertigen und bedeutenden Stücks ist von umso größerer Bedeutung, als zwei originale Posch-Reliefs der Stiftung Mozarteum, ein rotes Wachsmedaillon und ein als „Gürtelschnalle“ gestaltetes ovales Relief aus Meerschaum, vor 70 Jahren in den Wirren des Zweiten Weltkriegs verloren gegangen sind.
Der aus Tirol gebürtige Bildhauer Leonhard Posch wirkte zwischen etwa 1774 und 1802 (unterbrochen durch einige Reisen) als Wachsbossierer, Medailleur und Bildhauer in Wien, wo er mit Mozart persönlich bekannt war. Posch, der Mozart schon in Salzburg begegnet war, gestaltete von diesem seit 1788 mehrere Reliefs aus unterschiedlichen Materialien (Wachs, Meerschaum, Buchsbaum, Gips). Diese bilden einen der wichtigsten authentischen Zugänge für das Bild, das wir von Mozart als erwachsenem Mann haben.
Originale Mozart-Halbreliefs von Posch in der damals zeitgemäßen Tracht sind von größter Seltenheit. Doch verbreitete sich diese Darstellung schon bald danach durch einen Stich von Josef Georg Mansfeld, auf dem die Vorlage genannt wird; und vor allem diese Grafik nach Posch prägt das Mozart-Bild bis heute. Während Poschs Wirkungszeit in Preußen kamen Entwürfe nach einer antikisierenden Version, auch für die Porzellanmanufaktur KPM und nach 1815 im Metallguss, hinzu – Güsse, die als Mozart-Memorabilien in größerer Stückzahl produziert wurden. (ISM)