Das Leben ein Spiel - mit Klängen
HINTERGRUND / BLANK MANUSKRIPT
28/05/15 Es ist wieder spannend, klangsinnlich und opulent, was „Blank Manuskript“ mit ihrem neuen Konzeptalbum vorlegen: „The Waiting Soldier“ - diesmal echtes Vinyl - ist nach dem Debütalbum „Tales From an Island” 2009 und „A Profound Path“ 2013 das dritte Album der inzwischen international gut etablierten Truppe.
Von Heidemarie Klabacher
Soldaten im Gleichschritt. Ein Bassostinato. Fliegt da im Hintergrund ein Helikopter vorüber? Bald verklingt das Kriegs- oder wenigstens Truppenübungsplatz-Szenario. Eine Flöte improvisiert munter vor sich hin. Das Bassostinato bleibt. Dann leiten zerlegte Gitarrenakkorde eine lyrische Passage ein, die alsbald unterbrochen wird von soft-rockigen Klängen. Das Spiel wiederholt sich mit einem großen Gitarrensolo beinah à la Tarrega und „Recuerdos de la Alhambra“.
Blank Manuskript haben sich dem „Art“ oder „Progressive Rock“ verschrieben und sind in dieser Szene inzwischen international bekannt. Spätestens seit ihrer Arbeit für die finnische Progressive Rock-Agentur Colossus Projects: Mit der Arbeit „Beast in the Cave“ sind Blank Manuskript auf dem Sammelalbum „The Stories of H.P. Lovecraft“ vertreten.
Auch mit ihrer dritten Platte – echtes Vinyl ist es diesmal – folgen Blank Manuskript der Idee des Konzeptalbums als Gesamtkunstwerk. Was ist noch mal schnell ein Konzeptalbum? „Das Konzeptalbum ist für den Progressive Rock, was das Streichquartett für die Wiener Klassik ist: die genretypische musikalische Form“, sagen Blank Manuskript im Mica-Interview.
Mit Klassik-Vokablen ausgedrückt: Genau so wenig, wie sich der Streichquartett-Freak keineswegs nur den langsamen Satz oder das gar so traurig schöne Trio aus dem Menuett herauspicken würde, würde sich der Art Rock-Freak eine einzelne Nummer aus einem Konzeptalbum herauspicken.
Zur Kerngruppe von Blank Manuskript gehören derzeit Dominik Wallner (Piano, Electric Piano, Organ, Synthesizer, Vocals), Alfons Wohlmuth (Electric Bass, Bass Pedals, Flute, Vocals), Peter Baxrainer (Guitars, Vocals), Jakob Sigl (Drums, Percussion, Vocals) und Manuel Schönegger (Trombone, Saxophone, Flute, Vocals).
Beim Album-Release am Freitag (29.5.) in der ARGEkultur werden Blank Manuskript den Gesamtkunstwerk-Gedanken ausweiten, mit weitern Künstlern zusammenarbeiten und ihre Musik im Rahmen einer durch inszenierten Show präsentieren.
„The Waiting Soldier“ heißt also die neue Platte. Im ersten Teil folgen verschiedenste scheinbar kaum zusammenhängende Elemente aufeinander – Kinderstimmen, ein beinah operartiges Vokalensemble mit stark selbstironischen Touch oder keckes Flötengeträller.
Nach einer Generalpause geht nachdenklich ruhig weiter. Nach einem großen Blechbläsersolo scheinen Blank Manuskript sich vor Pink Floyd zu verneigen. Ist der Anklang an „Wish You where here“ nur Zufall, werden sie über die Assoziation nicht böse sein, gehören Pink Floyd doch zu den musikalischen Ahnen von Blank Manuskript.
Ein schillernd sich aufbauender Cluster, in dem ein Klarinettentriller vorüberhuscht wie ein Nachtmahr, wirkt erstmals verstörend. Die Zeit scheint stehen zu bleiben. Was an dieser Blase aus Zeit vorüberzieht, können Rettungsautos genauso sein, wie ein beschwörender griechischer Chor, der dem einsamen Soldaten einen Spiegel seiner Taten hinhält…
„The Waiting Soldier“ scheint aufgrund der Vielgestaltigkeit nicht ganz die dramaturgische Geschlossenheit der „Tales From an Island” zu haben. Zumindest beim ersten Hören. Das Thema des Albums – die Suche eines Individuums nach seinem eigenen unverwechselbaren Weg durch eine Welt der Beliebigkeit – ist freilich gerade in dieser scheinbaren Zerissenheit virtuos gespiegelt.