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Wirklich ein Blockflötenfest

KLANGREISEN / DOROTHEE OBERLINGER, MAURICE STEGER

22/05/15 Reicht es, als Blockflötist auf zwei Beinen stehen zu können, um sich im internationalen Geschäft mit der Alten Musik behaupten zu können? Nein, auf einem Bein muss man’s auch schaffen.

Von Reinhard Kriechbaum

Da gibt es nämlich einen hohen Ton auf dem Instrument, mit dem man sich ziemlich abmühen muss – es sei denn, man kennt den Knie-Trick. Wenn man die Mündung der Blockflöte mit diesem abdeckt (Hand ist ja keine frei), dann spricht er verlässlich an… Das war am Donnerstag (21.5.) im Solitär, beim jüngsten Termin im Zyklus „Klangreisen“, einigemale zu beobachten. Sieht nicht nur drollig aus, es nötigt bei raschen Tonfolgen auch immer wieder Respekt ab. Und es hat wahrlich nicht gefehlt an rasanten Dingen in diesem Programm.

Dorothee Oberlinger (die an der Universität Mozarteum unterrichtet) und der Schweizer Maurice Steger: Das ist ja ein Gipfeltreffen. Zwei aus gerade einem halben Dutzend von Musikern, die als Blockflötisten derzeit die Maßstäbe vorgeben. Der Titel „Ein Flötenfest“ war also nicht zu hoch gegriffen.

Unglaublich, wie hoch der Standard auf diesem Instrument unterdessen ist. Maurice Steger hat vielleicht technisch sogar noch eine kleine Spur mehr Fingerläufigkeit drauf, aber sowohl Dorothee Oberlinger wie er stehen für allerhöchsten technischen und aufführungspraktischen Standard. Um letzteren geht es ja vor allem, denn Musik wie beispielsweise von Dario Castello (vom Beginn des Barock) spielt sich ebenso wenig von selbst wie etwa ein Flötenduo von Wilhelm Friedemann Bach, das – ungewöhnliches Terrain für Blockflötisten – eigentlich vorklassischer „Sturm und Drang“ in Reinkultur ist.

Ja, dieses Stück vom Bach-Sohn: völlig frei vor sich hin quirlende Melodiestimmen, immer ein bisserl halsbrecherisch in den Tonkaskaden. Und so aberwitzig diese beiden Stimmen auch aneinander vorbei- und voreinander davon zu laufen scheinen, irgendiwe finden und passen sie dann doch wieder zusammen. Allem Witz und Aberwitz zum Trotz. Dafür braucht es Virtuosität und vor allem Timing, und nachgestalterisches Raffinement noch dazu.

Viel „sprechende“ Artikulation ist nötig, um aus einem Stück wie der Sonata quarta à 2 (für zwei Sopranblockflöten) die ihm innewohnenden außerordentlichen rhetorischen Qualitäten heraus zu bringen. Eine Miniatur, aber nicht weniger eloquent eine Sinfonia von Salomone Rossi, der in der jüdischen Musikgeschichte im frühen 17. Jahrhundert einen guten Platzn einnimmt. Johann Adolph Hasse lässt in seiner „Cantata per flauto e basso B-Dur“ das Blasinstrument wirklich singen wie eine Vokalistin. Aber auch der „alte“ Bach, der seinen Zeitgenossen und den ein wenig Jüngeren (wie eben Hasse) ziemlich altmodisch vorgekommen ist, hat in seiner G-Dur-Sonate BWV 1039 allerlei Gesprächs-Lebendigkeit anzubieten. Ein gefundenes Fressen auch für Blockflötisten.

Bei alledem waren Marco Testori (Barockchello) und Florian Birsak (Cembalo) vom Institut für Alte Musik an der Universität Mozarteum blendende Mitgestalter. Und mit Vivaldis „La Follia“-Sonate ging es in einen Zugabenteil, der auch nicht von schlechten Eltern war und bis zur „Zauberflöte“ reichte.

Bilder: mauricesteger.com (1); www.dorotheeoberlinger.de (1)

 

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