Der „ganze“ Beethoven für Cello und Klavier
STIFTUNG MOZARTEUM / ISSERLIS / LEVIN
16/02/15 Fünf Sonaten und drei Variationswerke: Kein Komponist hat ein so reiches Oeuvre für Violoncello und Klavier hinterlassen, wie Ludwig van Beethoven. Diese fünf Werke spiegeln zudem die Entwicklung des Komponisten vom heiteren „Klassiker“ bis zum irritierenden „Früh-Modernen“. Am 24. und am 26. Februar spielen der Cellist Steven Isserlis und der Pianist Robert Levin diesen faszinierenden Werkkomplex im Großen Saal des Mozarteums.
Von Heidemarie Klabacher
Eine „goldene Dose, mit Louisd’ors gefüllt“, hat Ludwig van Beethoven von Friedrich Wilhelm II. bekommen. Der 26 Jahre junge Komponist hat auf einer großen Konzertreise durch Deutsche Lande auch am Hofe des Preußenkönigs in Berlin Station gemacht und für den leidenschaftlichen Cellisten was komponiert - „Deux Grandes Sonates pour Le Clavecin ou Piano=Forte / avec un Violoncelle obligé“.
Diese beiden Sonaten F-Dur und g-Moll mit den jugendlichen Opuszahlen 5/1 und 5/2 stehen zentral im Programm der beiden Abende von Steven Isserlis und Robert Levin im Großen Saal des Mozarteums. Aber auch am Ende von Beethovens Schaffen für Cello und Klavier steht mit op. 102 Nr. 1 und Nr. 2 ein Sonaten-Paar.
Mit den „Jugendwerken“ für Cello und Klavier aus 1796 hat Beethoven gleich einmal die Gattung revolutioniert: „Hier begegnen sich Solist und Klavierbegleiter erstmals auf Augenhöhe, Beethoven sucht bewusst den Dialog zwischen den beiden Instrumenten“, schreibt Florian Oberhummer im Programmheft der Stiftung. Grandiose Werke musikalisch und satztechnisch. Glanzvolle Schätze für Cellisten und Pianisten, mitreißend und „klassisch“ heiter. Ganz anders die beiden „Alterswerke“ für Cello und Klavier: „Ein Werkbeginn, flüchtig wie ein Gedanke. Traumverloren schwebt die Cellostimme über einen losen 6/8-Takt. Das Klavier begleitet sanft, wirft aber harmonisch mehr Fragen auf als es zu lösen gewillt ist.“ So beschreibt der Programmheftautor den Einstieg: „Trillerketten verdichten den Eindruck des Nebulösen noch weiter, die Zeit scheint stillzustehen. Das Andante aus der C-Dur-Sonate op. 102 Nr.1 scheint nicht mehr unserer irdischen Welt zu entstammen.“
Wir schreiben inzwischen 1815 – und die Klangsprache Beethovens habe sich „aus der so kompakt-linearen mittleren Phase hin zu jenem Spätwerk entwickelt, das uns Nachgeborenen so viele Rätsel aufgibt“. Beethoven selbst nannte das Stück mit der ungewöhnlichen Werkstruktur eine „freie Sonate“. Das Schwesternwerk die D-Dur-Sonate op. 102 Nr. 2, ebenfalls aus 1815, wirke auf den ersten Blick „konservativer, klassischer“, im Kopfsatz gebe es sogar klangliche Parallelen. Ganz und gar ungewöhnlich ist hier aber ein „zentraler langsamer Satz, der ganz allein für sich steht“ – „eine Vorahnung romantischer Klangwelten“.
Zwischen den beiden Sonaten-Paaren op. 5 und op. 102 hat Beethoven weitere Kostbarkeiten für Cello und Klavier geschrieben: Zwölf Variationen G-Dur über ein Thema aus Händels Oratorium „Judas Makkabäus“ WoO 45; Zwölf Variationen F-Dur über „Ein Mädchen oder Weibchen“ aus Mozarts Zauberflöte op. 66; Sieben Variationen Es-Dur über „Bei Männern, welche Liebe fühlen“ ebenfalls aus der Zauberflöte WoO 46, sowie weitere Sonaten: F-Dur für Klavier und Horn op. 17 (die er selber für Cello bearbeitet hat) und A-Dur op. 69. Letztere ist ein zentrales Werk der „mittleren Schaffensphase“.
Dazu Florian Oberhummer im Programmheft: „Zwei große symphonische Werke nehmen im Werkverzeichnis den Platz vor der dritten Cellosonate ein: die Symphonien Nr. 5 und Nr. 6. Beethoven arbeitete also 1807/08 zeitlich parallel an einem so heroisch-wuchtigen Orchesterwerk wie der „Fünften“ und an einer feingliedrigen Musik für ein Duo.“ Die A-Dur-Sonate entziehe sich „von Beginn dem Titanischen“: „Ganz allein wird das Soloinstrument zunächst gelassen, um eine prägnante Melodie in aller Ruhe zu exponieren. Sanft setzt das Klavier ein, bevor dieses nun seinerseits zum Monolog ansetzt.“ Mit der richtungsweisenden Fuge im Finale füge sich diese Sonate - etwa im Vorausblick auf die Klaviersonaten opp. 106 und 110 oder die Große Fuge für Streichquartett op. 133 - auch in Beethovens Spätwerk ein.